Eigentlich hatten die Münchner Philharmoniker, die ihr Publikum immer häufiger auch mit ungewohntem Repertoire erfreuen, einen Amerika-Trip geplant. Doch nach der Absage des Pianisten Jean-Yves Thibaudet schaffte es ein anderer Franzose ins Programm: Fréderic Chopin. Mit dem mittlerweile in Berlin lebenden koreanischen Pianisten Seong-Jin Cho saß am Samstag in der gut besuchten Isarphilharmonie ein Gewinner des Chopin-Wettbewerbs am Flügel.
Kein Wunder also, dass er dieses blitzende Virtuosen-Stück nutzte, um – gerade in den Ecksätzen – seine technische Brillanz vorzüglich in Szene zu setzen. Er trumpfte mit stupender Geläufigkeit, glitzernden Girlanden, mit feinen dynamischen Wechseln auf engem Raum, mit Sinn für dramatische Momente und rhythmischer Prägnanz im tänzerischen Finalsatz auf. Den langsamen Satz ging der 28-Jährige versonnen, mit zarten Trillern im Diskant an – von den Streichern wie mit einer Folie umhüllt. Überhaupt ist das Orchester bei Chopin kein ebenbürtiger Partner, sondern Stütze und Überleiter.
Entsprechend sorgte der junge Finne Santtu-Matias Rouvali für eine gute Koordination mit den Philharmonikern, die er hernach als riesiges Rhythmus-Instrument eindrucksvoll zur Schau stellte. In John Adams’ von der Minimal Music angehauchtem Foxtrott für Orchester, „The Chairman Dances“, bewährten sich nicht nur die Schlagzeuger, sondern auch Bläser und Streicher im synkopischen, nur zuweilen eine Spur Melos duldenden Spiel.
Rouvali und die Philharmoniker nutzten Adams’ Werk, um sich aufzuwärmen für Leonard Bernsteins Symphonische Tänze aus „West Side Story“. In ihnen spiegelt sich das ganze Können dieses Vollblutmusikers wider. Alle Beteiligten kosteten das Symphonische, das Jazzige, das Süffige, Freche oder Sehnsüchtige genüsslich aus und begeisterten die Zuhörer.