Unbeschreiblich weiblich

von Redaktion

Hauptdarsteller Armin Kahl über die „Tootsie“-Premiere am Gärtnerplatz

Von „Mamma mia!“ in Stuttgart über „Tarzan“ in Hamburg bis hin zu „Schikaneder“ in Wien: Armin Kahl zählt zur ersten Riege der Musicaldarsteller. Seit seiner Ausbildung an der Theaterakademie August Everding ist der Wahlwiener immer wieder nach München zurückgekehrt – ans Gärtnerplatztheater, wo er unter anderem Hauptrollen in „Gefährliche Liebschaften“, „Jesus Christ Superstar“ und „Priscilla – Königin der Wüste“ übernahm; für seine Darstellung des Dr. Hagedorn in „Drei Männer im Schnee“ bekam er 2019 den Deutschen Musical Theater Preis. Von Donnerstag an singt er, ebenfalls am Gärtnerplatz, die Titelrolle in der europäischen Erstaufführung des preisgekrönten Broadway-Musicals „Tootsie“, das auf dem gleichnamigen Film mit Dustin Hoffman von 1982 basiert. Armin Kahl verkörpert darin einen arbeitslosen Schauspieler, der sich als Frau verkleidet, um beruflichen Erfolg zu haben.

Wie fühlt es sich an, in Dustin Hoffmans Fußstapfen zu treten?

Ehrlich gesagt: Als das Angebot für „Tootsie“ kam, hatte ich zunächst Bedenken, ob ich nach „Priscilla“ noch mal in Stöckelschuhe schlüpfen sollte. Ich dachte: Prägt dieses Rollenfach ab jetzt meine Laufbahn am Gärtnerplatz? Kommt als Nächstes etwa „Ein Käfig voller Narren“ oder „Mrs. Doubtfire“? Aber schon bald wurde mir klar, dass „Tootsie“ eine völlig andere Geschichte erzählt als „Priscilla“. Hier geht es nicht um eine Dragqueen, die Probleme mit ihrer Homosexualität hat, sondern um einen heterosexuellen Macho-Sack, der sich aus lauter Verzweiflung als Frau verkleidet und dadurch zu einem besseren Mann wird.

Wie haben Sie sich dieser Figur angenähert?

Ich hatte den Film vor vielen Jahren gesehen und fand ihn großartig, doch jetzt habe ich ihn zunächst nicht noch einmal angeschaut: Ich wollte ihn nicht wieder auf den Bildschirm in meinem Kopf holen, sondern mir meine eigenen Gedanken machen. Stattdessen habe ich mir Ausschnitte von der Uraufführungs-Inszenierung des Musicals angesehen, um einen Eindruck davon zu bekommen, was das für eine Marathon-Rolle ist. Anders als beim Film hat man ja auf der Bühne keinen Schnitt – die Musik läuft gnadenlos durch, und ich muss mich so oft und so schnell umziehen, dass ich während der gesamten Aufführung überhaupt nicht zum Durchatmen oder Trinken komme. Ständig wechsle ich Klamotten, Perücken und Schuhe, darunter allein vier verschiedene Paar High Heels, in denen ich sogar tanze und steppe. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie sehr meine Hüften schmerzen. (Lacht.)

Und Ihre Stimmbänder?

Das war die nächste Herausforderung: In dieser Mann-Frau-Doppelrolle muss ich beim Sprechen und Singen zwei unterschiedliche Stimmlagen bedienen. Wenn man längere Zeit hauptsächlich haucht, ist das schlecht für die Stimmbänder. Ich musste also herausfinden, wie man ohne Schaden durch diese Partie kommt – und wie man Kopf- und Bruststimme so mischt, dass es kernig bleibt. Zudem sind die Textpassagen in „Tootsie“ außergewöhnlich lang, anders als bei vielen Musicals, bei denen zwischen den Songs nur ein paar plakative Dialogsätze stehen.

Wie würden Sie die „Tootsie“-Songs von David Yazbek beschreiben?

Als abwechslungsreichen Mix aus Musikstilen, die immer zur jeweiligen Situation passen. Da gibt es etwa einen richtigen Soul-Funk-Kracher, eine Neunzigerjahre-Mariah-Carey-Ballade, eine klassische Broadway-Nummer im Stile von „42nd Street“ oder chansonartige Lieder mit vielen schnellen Pointen. Überhaupt können sich die Zuschauer auf eine sehr rasante Aufführung freuen, nicht zuletzt dank der tollen, temporeichen Inszenierung von Gil Mehmert. Dabei war es ihm sehr wichtig, dass auch die ernste, anrührende Seite der Geschichte nicht zu kurz kommt. Unser oberstes Credo lautete: „Tootsie“ darf niemals in eine Klamotte à la „Charleys Tante“ abgleiten. Für mich ist das eine echte Traumrolle – hier kann ich alles zeigen, was ich in vier Jahren Ausbildung und 20 Jahren Bühnenerfahrung gelernt habe!

Während der coronabedingten Arbeitspausen haben Sie ein Bio-Café in Wien regelmäßig mit selbst gebackenen Torten, Kuchen, Strudel und Quiches beliefert. Wann kommen die Münchner endlich auch in den Genuss Ihrer Backkünste?

Das ist bei uns wegen diverser behördlicher Auflagen leider nicht so leicht machbar wie in Österreich. Kollegen am Gärtnerplatztheater haben mich auch schon gefragt, warum ich nicht für unsere Kantine backe. Insgeheim träume ich noch immer davon, ein eigenes Café mit einer kleinen Bühne zu eröffnen. Wer weiß, eines Tages…?

Das Gespräch führte Marco Schmidt.

Premiere

ist am 7. Juli, 19.30 Uhr; Restkarten gibt es unter Telefon 089/ 21 85 19 60.

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