Und wenn man auch keine Ahnung von Statik, tragenden Wänden und all diesen anderen bautechnischen Finessen hat: Diesen Entwurf hätte man selbst sofort gewählt. Gegen das Modell, das Behnisch & Partner 1967 beim Ideenwettbewerb für die Olympischen Spiele München 1972 eingereicht hatten, wirken alle anderen Vorschläge für den heutigen Olympiapark fad. Im Architekturmuseum der TUM in der Pinakothek der Moderne stehen einige davon jetzt neben dem damaligen Gewinnermodell. Man muss nicht am Abend zuvor erst wieder einmal am Olympiasee gepicknickt und irgendwann Sonnenschutz unter dem grandiosen Zeltdach gesucht haben, um zu wissen, welch ein Segen diese Idee damals für München war. Sie wirkt noch immer nach. Wie überhaupt die Olympischen Spiele, die sich heuer zum 50. Mal jähren, ihre Spuren hinterlassen haben. Von der Architektur bis zum Design. Und deshalb feiern nun das Architektur- und das Designmuseum diese prägende Großveranstaltung in einer Doppelausstellung.
Am besten startet man bei den Bauexperten der TUM. Klug spannt Kuratorin Irene Meissner dort den Bogen von Münchens Umbauplänen Anfang der Sechzigerjahre bis zum olympischen Erbe heute. Denn die Entwicklung der Stadt hängt eng mit der Bewerbung um die Spiele zusammen. München wuchs in den Sechzigern so schnell wie keine andere deutsche Großstadt. U- und S-Bahnen entstanden, die Vergabe der Olympischen Spiele 1966 an München löste einen weiteren Schub aus. Modelle, Pläne, Zeitzeugen-Interviews machen deutlich, wie damals die Weichen für unsere Gegenwart gelegt wurden. Teilweise völlig irrsinnig. Eine Schneise durch den Englischen Garten für Autos? Heute undenkbar.
Dabei waren die Spiele ’72 dann ein Vorbild für nachhaltige Großevents. Die Planer der neuen Anlagen hatten immer bereits deren Nutzung nach den Spielen im Blick. Die heutige Studentenstadt oder das Olympia-Einkaufszentrum zeugen davon.
Ein paar Meter weiter in der Neuen Sammlung geht das Entdecken von Errungenschaften durch Olympia weiter. Denn Hochleistungssport ist auch immer Hochleistungstechnik. An den Produkten, die dort präsentiert werden, kann man ablesen, wie das Design für die Wettkämpfe unseren Alltag prägen. Dabei sind die Designer stets an das Regelwerk der Spiele gebunden. Wie bei der Badekappe, die im Obergeschoss ausgestellt ist. Entwickelt für dickes und lockiges Haar. Wurde abgelehnt. Begründung: unnötig. So viel zum Thema Vielfalt bei Olympia. Dass die im Laufe der Jahre immer größer wurde, machen die Kuratorinnen Caroline Fuchs und Xenia Riemann-Tyroller im Design Museum auch dadurch deutlich, dass sie ganz selbstverständlich Produkte von paralympischen und olympischen Spielen ausstellen.
Natürlich blieb Kritik an München ’72 nicht aus. Auch auf sie wird eingegangen. Denn nicht von jedem Fortschritt profitiert ein jeder in der Stadt. Meist sind’s dann doch wieder nur die Großkopferten. Von einem aber haben wir alle was – dieser herrlichen (Landschafts-) Architektur des Olympiaparks. Den Abschluss im Architekturmuseum bildet deshalb ein Film. Acht Stunden – angepasst an die Öffnungszeiten der Pinakothek – kann man hier auf Leinwand sehen, wie der Park morgens zum Leben erwacht, wie die Besucher ihn langsam für sich in Besitz nehmen, wie am Abend die Lichter funkeln. Was für ein Geschenk! Goldmedaille, eh klar.
Die Ausstellungen
laufen bis 3. Oktober (Die Neue Sammlung – The Design Museum) und 8. Januar (Architekturmuseum), Di.-So. 10 bis 18, Do. bis 20 Uhr.