Tausende junge Frauen und der ein oder andere Mann pilgern am Montagabend in die Olympiahalle, um ihr Idol zu sehen. Die eine trägt einen roten Leder-BH zur Schlaghose, eine andere einen pinken Cowboyhut zur Federboa und eine dritte kommt im Bananenkostüm. „Ich möchte, dass sich jeder heute Abend frei fühlt, so zu sein, wie er sein möchte“, verkündet Harry Styles zu Beginn – als ob es dazu noch einer Aufforderung bedurft hätte. Der 28-Jährige selbst trägt eine rote Lederhose und ein gestreiftes Shirt. Unauffällig im Gegensatz zu den Bildern, die man aus dem Netz kennt. Dort zeigt er sich mit Perlen und Pailletten oder wie auf dem Cover der US-„Vogue“ im Kleid.
Harry Styles lässt die Grenzen zwischen weiblich und männlich verschwimmen. Weil er sich anzieht, wie er möchte, ohne sich darum zu kümmern, was andere denken, tun es seine Fans ihm gleich. Es ist aber auch der Grund, warum er ständig nach seiner Sexualität gefragt wird. Eine klischeebehaftete Annahme: Einer, der sich so kleidet, muss doch schwul sein! Was Harry Styles dazu sagt? „Wen interessiert das?“ Viel wichtiger ist für den Briten, wie man miteinander umgeht. „Treat People with Kindness“ („behandle Menschen mit Freundlichkeit“) singt das Ex-One-Direction-Mitglied. Das Gekreische in der Olympiahalle ist ohrenbetäubend. Zahlreiche Fans schwenken Regenbogenfahnen – ein Zeichen für Toleranz und Symbol der LGBTQ-Bewegung.
Andere recken Schilder in die Luft. „Zeig mir deinen besten Dance Move“ steht auf einem. Hier muss man Harry Styles nicht zweimal bitten. Er schwingt die Hüften, springt auf der Bühne herum und tanzt, als würde niemand zuschauen. Er kann aber auch ganz anders. Nur mit seiner Gitarre und zwei Backgroundsängerinnen performt er seinen Song „Matilda“. Und ist auf einmal nicht mehr der lustige Harry, der sich im Kabel seines Mikrofons verheddert und über sich selbst lacht. Plötzlich ist er ganz zart, ganz gefühlvoll. Love on Tour also quasi – „Liebe unterwegs“ ist das Motto des Abends und das kann man spüren.