Zum Finale des 75. Internationalen Filmfestivals Locarno hat der Beitrag „Regra 34“ („Regel 34“) der brasilianischen Regisseurin Júlia Murat den Goldenen Leoparden gewonnen. Der Titel der brasilianisch-französischen Koproduktion bezieht sich auf die sogenannte Regel 34, nach der im Internet zu allem, was dort existiert, pornografisches Material zu finden sei. Im Zentrum des Films steht eine Jura-Studentin. Sie lebt im Internet, und nicht nur dort, verschiedene, teils bizarre sexuelle Fantasien aus.
Mit der Vergabe des Hauptpreises und einigen anderen Entscheidungen haben die Jurys überrascht. Die beiden deutschen Beiträge „Human Flowers of Flesh“ und „Piaffe“ sowie andere Favoriten gingen leer aus. Einen Erfolg kann Deutschland verbuchen: Im Experimentalfilm-Wettbewerb „Pardi di domani“ („Leoparden von morgen“) bekam der Kurzspielfilm „Madar tamame rooz doa mikhanad“ („Mütter beten den ganzen Tag“) von der aus dem Iran stammenden Berliner Filmemacherin und Grafikdesignerin Hoda Taheri eine lobende Erwähnung.
Auch in der „Semaine de la critique“ („Woche der Kritik“) errang Deutschland einen Erfolg: Der Hauptpreis der vom schweizerischen Verband der Filmjournalistinnen und -journalisten veranstalteten Sektion ging an die polnisch-deutsche Koproduktion „The Hamlet Syndrome“. Ausgehend von Shakespeares Drama „Hamlet“ zeichnet das Regie-Duo Elwira Niewiera und Piotr Rosolowski originell und eindringlich das Porträt einer jungen Generation von Ukrainerinnen und Ukrainern, die ihr Land unter schwierigen Bedingungen positiv verändern wollen.
Die Jury des Hauptwettbewerbs um den Goldenen Leoparden hat auch mit der Vergabe der zweitwichtigsten Auszeichnung, des Spezialpreises, verblüfft. Er ging an die Komödie „Gigi la legge“ („Gigi, das Gesetz“) des Italieners Alessandro Comodin. Darin wird der ländliche Alltag des Verkehrspolizisten Gigi beobachtet. PETER CLAUS