Schriftsteller Salman Rushdie geht es laut Angaben aus seinem Umfeld besser. „Trotz seiner schwerwiegenden und lebensverändernden Verletzungen bleibt sein üblicher kämpferischer und aufsässiger Sinn für Humor intakt“, schrieb sein Sohn Zafar Rushdie in einer Erklärung auf Twitter. Der 75-Jährige sei nicht mehr an ein Beatmungsgerät und eine zusätzliche Sauerstoffversorgung angeschlossen. Zudem habe er einige Worte sprechen können.
Neben dem mutmaßlichen Täter steht zunehmend auch die iranische Führung in der Kritik. Rushdie war am Freitag bei einer Veranstaltung in Chautauqua im Westen des US-Bundesstaats New York von einem Mann angegriffen worden und wird seitdem in einem Krankenhaus in Pennsylvania behandelt (wir berichteten). Der britisch-indische Schriftsteller wird seit Jahrzehnten von religiösen Fanatikern verfolgt, zu dem Angriff hat die Polizei aber noch kein Tatmotiv bestätigt.
Das Internet-Portal Vice News berichtete unter Berufung auf Geheimdienstquellen aus Europa und dem Nahen Osten, der Tatverdächtige Hadi Matar habe in sozialen Netzwerken Kontakt zu den iranischen Revolutionsgarden gehabt. Es gebe aber keine Hinweise darauf, dass der Iran an Organisation oder Durchführung des Angriffs beteiligt gewesen sei. US-Außenminister Antony Blinken reagierte mit scharfen Worten. „Speziell staatliche iranische Einrichtungen haben über Generationen zu Gewalt gegen Rushdie aufgerufen, und staatliche Medien haben sich jüngst an dem Angriff auf sein Leben ergötzt“, hieß es. Dies sei „verachtenswürdig“.
Zuvor hatte der britische Premier-Kandidat Rishi Sunak Sanktionen gegen den Iran gefordert. Er sagte dem „Telegraph“, man müsse die iranische Revolutionsgarde als Terrororganisation einstufen und sich fragen, ob eine potenzielle Einigung mit dem Iran im Atomstreit „in einer Sackgasse angekommen“ sei.
Der Iran hat jegliche Verstrickung in die Tat zurückgewiesen. „Es gibt keine Verbindung zwischen dem Iran und dem Täter“, sagte Außenamtssprecher Nasser Kanaani. Rushdie habe mit seinem Werk nicht nur den Iran, sondern Muslime weltweit beleidigt, sagte Kanaani „Rushdie selbst ist für den Anschlag verantwortlich.“
Wegen Rushdies Werk „Die satanischen Verse“ aus dem Jahr 1988 hatte der damalige iranische Revolutionsführer Ajatollah Chomeini dazu aufgefordert, den Autor zu töten. Er warf ihm vor, den Islam, den Propheten und den Koran beleidigt zu haben. Auf das Todesurteil folgten eine dramatische Flucht Rushdies und jahrelanges Verstecken. Seit mehr als 20 Jahren lebt er in New York.
Vor Gericht schwieg der mutmaßliche Täter Matar und ließ sich vom Pflichtverteidiger für „nicht schuldig“ erklären, wie US-Medien berichteten. Ihm wurden versuchter Mord zweiten Grades sowie Angriff mit einer tödlichen Waffe und der Absicht, eine Körperverletzung zu verursachen, vorgeworfen. Für Mord zweiten Grades können Angeklagte im Bundesstaat New York mit jahrelanger Haft belegt werden.
Der Publizist Günter Wallraff verurteilte das Attentat auf Rushdie. Es sei „widerlich“, dass die iranischen Staatsmedien den mutmaßlichen Attentäter frenetisch feierten, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Wallraff hatte Rushdie 1993 in seinem Haus in Köln-Ehrenfeld versteckt. Am Wochenende hatten Prominente und Politiker aus aller Welt den Angriff kritisiert und Rushdie schnelle Genesung gewünscht.
US-Präsident Joe Biden hatte gelobt, Rushdie habe sich nicht einschüchtern lassen und stehe für „wesentliche universelle Werte“ wie Wahrheit, Mut und Widerstandsfähigkeit.. Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) teilte mit: „Wer diesen Mordanschlag nun auch noch rechtfertigt, verbreitet nichts anderes als Hass und Extremismus. Wer an ein friedliches Zusammenleben glaubt, muss sich dem klar und konsequent entgegenstellen.“ dpa