Die hohe Kunst des Netzwerkens

von Redaktion

Frauen aus allen gesellschaftlichen Bereichen trafen sich zum Ladies Art Lunch im Bayerischen Nationalmuseum

VON KATJA KRAFT

„Champagner gibt dir das Gefühl, dass jeder Tag ein Sonntag ist“, wusste schon Marlene Dietrich. Darauf ein leicht bedudeltes „Wie wahr!“ Wenn Kunstexpertin Sonja Lechner zu ihrem Ladies Art Lunch lädt, schmeckt der Mittwoch gleich ein bisschen sonniger. Und doch ist’s bei dieser Ausgabe des beliebten Treffs für Frauen aus allen gesellschaftlichen Bereichen ein bisschen, als hätte jemand ein paar Tropfen Wermut mit ins Glas geträufelt. Die Sonne scheint, es ist wieder Wiesn in der Stadt, schon klar. Aber dann sind da noch Krieg in Europa, Energiekrise, Klimakrise, Wirtschaftskrise. Ganz schön viele Krisen auf einmal. Also: verzagen und den Kopf einziehen? Nicht bei Powerfrauen wie denen, die an diesem Nachmittag im Restaurant des Bayerischen Nationalmuseums zusammensitzen. Antonella Forte-Wolf beispielsweise, Projektleitung Kunst- und Kultursponsoring bei der Allianz. Sie setzt ihre Hoffnungen in die Förderung der jungen Menschen. Ihr Zauberwort heißt Kunst. „Wir müssen heute der nächsten Generation einen Zugang zu Kunst und Kultur schaffen – denn dort werden Werte vermittelt, wird Reflexion geübt, lernt man, kreativ um die Ecke zu denken – und so Lösungen für gesamtgesellschaftliche Fragestellungen zu finden.“

Kreativität und Austausch über die eigenen Lebensbereiche hinaus, darauf setzt auch Sonja Lechner. Für deren Impulsvortrag unterbrechen die Damen, die die Einladung zum Netzwerken ernstnehmen und fröhlich miteinander ins Gespräch kommen, ausnahmsweise ihre Unterhaltungen. Und nicken bestätigend, als die Gastgeberin ihnen zuruft, dass wir uns von der Idee des grenzenlosen Wachstums nun wirklich verabschieden müssen. Dass das aber nicht bedeuten muss, in Elend zu verkommen. Sondern dass in dem Verzicht, wenn er mit Köpfchen geübt wird, Gewinn liegen kann. „Wir haben die historische Möglichkeit, die Weckrufe durch Pandemie und Kriegskatastrophe anzunehmen und die Weichen neu zu stellen. Aus meiner Sicht ist dies nur durch Interdisziplinarität möglich, sind doch alle Zukunftsfragen zu komplex, um nur aus einer Perspektive geklärt zu werden.“ Ihr Appell an die Ladies: „Lassen Sie uns Ideen mit Interdisziplinarität und Idealismus umsetzen: Visionen brauchen wir alle – vieles, was heute Realität ist, war einst Idealismus.“

Das gilt im Makro- genauso wie im Mikrokosmos. Petra Winter, Verlegerin der Zeitschrift „Madame“, bestärkt ihre Geschlechtsgenossinnen deshalb auch dazu, zu tun, was Frauen sich viel zu selten trauen: von eigenen Erfolgen zu erzählen und nicht immer brav bescheiden zu sein. Sie erinnert in dem Museum, das mancher schon für ein Schloss gehalten hat, an einen Ausspruch von Queen Elizabeth II.: „Never explain, never complain!“ – erkläre dich nie, beschwere dich nie. Nicht das schlechteste Motto für ein erfolgreiches (Berufs-) Leben.

Und weil man gemeinsam einfach mehr erreicht, glaubt Sonja Lechner unermüdlich an die Kraft von Netzwerken. Und an die Kraft der Kunst. Nach dem Lunch geht’s durchs Haus, erleben die Gäste Führungen zu Tilman Riemenschneider, Elfenbein, Porzellan und Kostüm. „Ich freue mich, dass so viele Damen hierher und nicht auf die Wiesn gegangen sind“, meinte einer der wenigen Herren an diesem Mittag, Willi Bonke (Premium Cars Rosenheim) zur Begrüßung. Frauen wie Corry Müller-Vivil, Susanne Porsche oder Felicitas von Lovenberg haben es gern getan. Denn sie wissen ja: Auf dem Oktoberfest lässt sich munter die Welt vergessen. Wer nicht nur die Leber, sondern den Geist stimulieren möchte, der kommt ins Museum. Gilt übrigens zu jeder Jahreszeit.

Artikel 2 von 4