Palasttauglich

von Redaktion

Max Raabe zu Gast in der Isarphilharmonie

VON JÖRG HEINRICH

Jetzt, da die neue Zeit gerade gar nicht gut ist, erinnert man sich umso lieber an die gute alte Zeit. Wobei die Zeit, aus der viele der Klassiker stammen, die Max Raabe zu Gehör bringt, alles andere als gut war – ganz im Gegenteil. Aber ihre Lieder klingen wenigstens so. Von daher waren die Münchnerinnen und Münchner umso begeisterter, dass sie an zwei Abenden in der Isarphilharmonie endlich wieder „Raabe die Ehre!“ sagen konnten. Sie waren nur wegen ihm hier, und sie haben es nicht bereut.

Wobei: Sie waren auch wegen des wunderbaren Palast Orchesters mit den elf meist älteren Knaben, die alle „Herr“ mit Vornamen heißen, und mit Violinistin Cecilia Crisafulli da. Und wegen der Schnurren, die Raabe zum Besten gibt. Da steht der Mann mit dem Max-Raabe-Gesichtsausdruck von 1927 auf der Bühne – und erzählt ungerührt skurrile Geschichten von 2022. Darin geht es zum Beispiel um das iPhone und das iPad, die sich zu Hause über unsere Visagen aus der Gesichtserkennung lustig machen.

Wenn das wirklich so ist – dann spielt Assistentin Siri hoffentlich Raabe-Musik, in der sich „Orang Utan“ auf „Truthahn“ reimt, wie in „Ich bin dein Mann“. Oder „Couch“ auf „Autsch“, wie in „Guten Tag, liebes Glück“. Man möchte sich reinsetzen in so elegante Texte wie „Die Côte d’Azur ist, wenn du nicht hier bist, auch nur ein Strand mit Sand“. Niemand schreibt heute mehr solche Lieder – außer Max Raabe und seine kongenialen Partner Annette Humpe, Peter Plate und Ulf Sommer.

Natürlich ist der „Isarphilharmoniepalast“ hingerissen, wenn die kleine, chlorophyllgefärbte Stachelpflanze wieder zusticht. Aber schön nachsingen können viele. Max Raabes wahre Meisterschaft liegt doch darin, dass seine modernen, eigenen Lieder den großen Vorbildern in nichts nachstehen – zum Beispiel wenn er vom klimafreundlichen „Fahrrad fahr’n“ berichtet: „Das ist das Optimale und lüftet die Sandale.“ Nachschub ist bereits in Sicht. Am 14. Oktober erscheint das neue Max-Raabe-Album „Wer hat hier schlechte Laune?“, auf dessen Cover er mit einem Zebra über den dazugehörigen Streifen flaniert. Die Antwort auf die Titelfrage lautete in München: Garantiert niemand!

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