Unter Freunden

von Redaktion

Michael Patrick Kelly begeistert seine Fans

VON ULRIKE FRICK

Das hat ja gedauert: Im Herbst 2019 war Michael Patrick Kelly mit seinem „ID“-Album das bislang letzte Mal auf Tour. Dann verfinsterte sich bekanntlich pandemisch bedingt unser aller Dasein. Jetzt ist der 44-Jährige wieder da – mit großer Band und Friedensglocke und einer höchst ansprechenden Bühnenshow. Videoclips, Fotocollagen sowie Grafiken und Scherenschnitte begleiten den Künstler stimmig von den schnellen, in hartem Schwarz-Weiß oder Schwarz-Gelb gehaltenen Momenten des Abends in die sanften Phasen, in denen riesige Naturaufnahmen die Stimmung der Balladen verstärken.

Er sei glücklich, „einen Abend unter Freunden“ verbringen zu dürfen, die lieber ihn hören, anstatt das Oktoberfest zu besuchen, bekennt der Wahlmünchner gleich nach den rockigeren Nummern wie „Diamonds and Metals“, „Earthquake“ oder „Throwback“. Von nun an moderiert er alle Songs in der gut gefüllten (wenn auch nicht ausverkauften) Olympiahalle ausführlich an. „B.O.A.T.S.“ heißen schließlich aktuelles Album und Tour – was einerseits mit dem gelben Bötchen zu erklären ist, das sich im Verlauf des Abends vom sicheren Hafen vor der Bühne mitten hinein ins Zuschauermeer der Arena begeben wird. Vor allem steht die Abkürzung aber für „Based on a true Story“. Nach wahren Begebenheiten hat Kelly seine Songs geschrieben: über vom Schicksal getroffene Menschen, deren Leid und Läuterung auch ihn veränderten. Klingt enorm kitschig. Die Fans hängen trotzdem an seinen Lippen. Und irgendwie glaubt man es ihm tatsächlich, diesem als Paddy Kelly in den Neunzigern mit seiner Familie vom Straßenmusiker zum Weltstar Aufgestiegenen. Diesem von Ruhm und Welt Zerrupften, der erst durch Jahre im Schweigekloster wieder zu sich und zur Musik fand.

Extrem nahbar und durchlässig gibt er sich. Nicht nur wenn er vom blinden Paralympics-Läufer in Sydney oder dem Ikonen malenden Schwerverbrecher erzählt, die seinen Lebensweg kreuzten und zu anrührenden Texten inspirierten. Wenn er von seiner Sinnkrise und seiner Zeit bei den Mönchen berichtet oder von seinem ersten Konzert überhaupt. Neun Jahre war er damals alt, bei Bruce Springsteen, dem zu Ehren er dann eine zu Herzen gehende Version von „I’m on Fire“ anstimmt.

Wie immer in seinen Konzerten sucht Kelly auch diesmal unangestrengt den Kontakt zum Publikum. Das hat ohnehin längst den Punkt der begeisterten Hingabe erreicht, als er seine jüngsten Konzertbesucher, und davon gibt es einige, ganz unmittelbar begrüßt. Nicht nur sie dürften nach diesem Abend, in dem Kelly mit seiner Dreieinhalb-Oktaven-Stimme mindestens ebenso viele Generationen in der Olympiahalle mitgerissen hat, bereits die Tage bis zum nächsten Kelly-Konzert zählen.

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