Wenn Worte fehlen, erweist sich Musik oft als alternative, universal klar verständliche Sprache. Und so musste man auch beim Auftritt von Tugan Sokhiev am Pult des BR-Symphonieorchesters im Münchner Herkulessaal nicht lange nach versteckten Botschaften suchen. Sicher, auf den ersten Blick hatte man rund um die „Bilder einer Ausstellung“ ein ebenso eingängiges wie breitenwirksames Programm gestrickt, das in die Welt der Märchen und Sagen entführte. Gleichzeitig schwang bei der Kombination aus französischer Musik für die legendären „Ballets russes“ und dem von Ravel instrumentierten Mussorgsky aber auch die Vergangenheit des Dirigenten mit.
Sokhiev, der zu Kriegsbeginn nach politischem Druck sowohl seine Chefposition in Moskau als auch in Toulouse aus Protest niedergelegt hatte, bekam hier noch einmal Gelegenheit zu beweisen, wie zu Hause er sich in beiden musikalischen Welten fühlt. Sanft ausbalanciert Debussys „L’après-midi d’un faune“, dessen transparentes Klangbild auch in Ravels „Shéhérazade“-Lieder hinüberschwappte – nicht zuletzt dank Henrik Wiese, der die zentrale Rolle an der Solo-Flöte in beiden Werken virtuos ausfüllte. Siobhan Stagg machte mit warmem Sopran und einem überaus textdeutlichen Vortrag das Glück perfekt.
Wunschkonzert-Routine ließ Sokhiev aber auch bei den „Bildern einer Ausstellung“ zu keiner Sekunde aufkommen. Wenn er etwa mit dem Orchester nach der erhabenen ersten Promenade einen skurril tänzelnden „Gnom“ nachlegte oder den „Ochsenkarren“ zum martialisch säbelrasselnden Trauermarsch anschwellen ließ. Und schließlich das „Große Tor von Kiew“, das natürlich nicht als jubelnde Schlussapotheose erklang, sondern mit nachdenklichen Generalpausen immer wieder in die ernüchternde Gegenwart geholt wurde, ehe sich in den bewegenden Schlussmomenten – zunächst stockend, aber dann immer sichereren Schrittes – die Hoffnung ihren Weg bahnte.