Geistererscheinungen, sprechende Tierwesen, Erdbeben, Springfluten, Blitze schleudernde Schwerter, goldene Wasserfälle. Das alles und viele Märchenversatzstücke mehr haben sich Hugo von Hofmannsthal und Richard Strauss einst für ihre „Frau ohne Schatten“ ausgedacht. Szenenanweisungen, die einem Regisseur schon beim Lesen des Librettos den Schweiß auf die Stirn treiben dürften. Es sei denn, man entscheidet sich von vornherein gegen jeden Bühnenzauber. So wie es nun Jens-Daniel Herzog am Staatstheater Nürnberg tat.
Auf der von Johannes Schütz weitgehend leer geräumten Spielfläche kreist da meist nur ein nüchterner Stahlträger, an dessen Enden eine sporadisch genutzte Projektionsleinwand sowie das stilisierte Haus des Färbers Barak hängen. Grundsätzlich wäre an diesem reduzierten Zugriff nicht viel auszusetzen. Scheiterte doch schon manch andere Produktion des Werkes an der Ambition, die bombastische Partitur optisch zu toppen. Doch mit Weglassen allein ist es eben auch nicht getan, wenn man die entstandenen Freiräume nicht anderweitig emotional zu füllen weiß.
Auch die misogynen Tendenzen des Stückes, in dem sich der Wert einer Frau vor allem an ihrer Gebärfähigkeit bemisst, werden oft eher noch verstärkt. Sowohl bei der zur Passivität verurteilten Kaiserin, als auch in Gestalt der namenlosen Färberin, die sich wiederholt auf dem Boden wälzen und dabei von wechselnden Männern bespringen lassen muss. Hochachtung daher vor Manuela Uhl, die ihre Partie nicht als keifende Hochdramatische anlegt, sondern die lyrische Vergangenheit ihres tragfähigen Soprans durchscheinen lässt. Gepaart mit starker Bühnenpräsenz, der darstellerisch lediglich Lioba Braun etwas entgegenzusetzen hat. Selbst wenn sie in der Partie der verschlagenen Amme stimmlich teilweise ebenso an ihre Grenzen stößt wie Agnieszka Hauzer als Kaiserin. Hervorragend schlagen sich dagegen Tadeusz Szlenkier, der den Kaiser mit schlankem, aber durchsetzungsfähigem Tenor meistert, sowie der mit kraftvollem Bariton aufwartende Thomas Jesakto als Barak.
Bleibt noch Generalmusikdirektorin Joana Mallwitz, auf deren Schultern hier die Verantwortung lastet, jene magischen Momente, die von der Regie verweigert werden, mit dem Orchester heraufzubeschwören. Eine Aufgabe, die sie mit Bravour meistert und dabei hin und wieder auch die oberen Dezibel-Bereiche ausreizt. Fast noch mehr Effekt als in den aufbrausenden Zwischenspielen macht ihr Dirigat jedoch in intimen Momenten wie dem vom Solo-Cello sensibel eingeleiteten großen Monolog des Kaisers.
Und so war es mehr als verdient, dass am Premierenabend auch die Staatsphilharmonie Nürnberg mit auf die Bühne geholt wurde, um gemeinsam mit ihrer Chefin im Jubel des Publikums zu baden.