Sehen – und gesehen werden

von Redaktion

Die Münchner Kunstmesse ArtMuc zieht heuer in die Räume der MTC Locations

VON JOSEPHINE GOETZ

Mehr Platz für die Kunst! Ehemals auf der Praterinsel, bezieht die ArtMuc nun ein neues Areal im Münchner Norden. Die größte Messe für zeitgenössische Kunst in Süddeutschland startet am Freitag mit ihrer Herbstausgabe. Für alle Kulturfreunde und Sammler heißt es dann wieder: Kunst bewundern, bis die Augen stielförmig hervortreten.

Durch den Umzug in die Räume der MTC Locations kann die Veranstaltung ihre Fläche verdoppeln und so den mehr als 150 Künstlern und Galerien noch mehr Raum zum Ausstellen und Netzwerken bieten. Denn die ArtMuc versteht sich nicht nur als Verkaufsplattform, sondern auch als soziale Kulturförderung. Durch diesen Spagat möchte das Festival den Stellenwert von Kunst in der Gesellschaft erhöhen. Die Corona-Pandemie habe zwar verdeutlicht, wie sehr die Menschen Kultur bräuchten, sagt Raiko Schwalbe, der Veranstalter und Gründer der Messe. Dennoch gebe es beim Münchner Kunstpublikum im Vergleich zu anderen deutschen Städten gewaltiges Aufholpotenzial.

München sei vor allem ein Ort für etablierte Kunst – eine Subkultur sei kaum vorhanden. Das mache gerade jungen Kunstschaffenden den Durchbruch schwer. „Wir wollen den Künstlern eine Freifläche schaffen, auf der sie sich aktiv austauschen, präsentieren und emanzipieren können“, sagt Schwalbe im Gespräch mit unserer Zeitung. Können allein reiche nicht aus, auch die Persönlichkeit müsse vermarktet werden. Diese Öffentlichkeitswirkung erweist sich für Nachwuchstalente oft als riesige Hürde. Das will die ArtMuc ändern: Dieses Jahr sollen in der „Starters Section“ junge aufstrebende Künstler gefördert werden. Außerdem präsentiert das Wiener Kollektiv „BitBlockArt“ im „Digital.Lab“ die aktuellen technologischen Entwicklungen der Kunstwelt. Ein anderer Schwerpunkt liegt auf Künstlerinnen. Deren Benachteiligung ist nämlich immer noch fest verankert. „Die Kunstschaffenden müssen gesehen werden“, fordert Schwalbe. Dafür braucht man aber erst einmal einen Ort zum Ausstellen. Und den zu bekommen, ist gar nicht so leicht: Die Aussteller auf der Messe wurden aus mehr als 400 Bewerbern von einer externen Jury ausgewählt. Die gekürten Künstler kommen aus aller Welt, auch eine Ukrainerin ist dabei. Mindestens die Hälfte kommt allerdings aus Deutschland. Auf diese Weise unterstützt die ArtMuc regionale Kunstschaffende. Ein akademischer Kunsthochschulabschluss ist dabei nicht zwingend erforderlich, auch Autodidakten bekommen hier ihren Freiraum. Die Altersspanne der Teilnehmer erstreckt sich von 20 bis zu 80 Jahren.

Aber nicht nur die Künstler auf der Messe sind vielfältig, sondern auch ihre Werke. Ausgestellt wird eigentlich alles, von Skulpturen über Fotografie bis zur Malerei. Schrill und bunt, ruhig und schlicht, impulsiv und wild – bei der ArtMuc ist für jeden etwas dabei. Der Reiz des Festivals besteht für Sammler darin, bisher unbekannte Künstler zu entdecken, die vielleicht später zu weltberühmten Ikonen avancieren. Das Besondere an der Messe ist, dass man sich Bilder, die einem gefallen, auch leisten kann. Die Preise reichen von wenigen hundert Euro bis in den fünfstelligen Tausenderbereich. Im Gegensatz zu anderen Kunstmessen sind die Werke also nicht nur einer exklusiven Preisklasse vorbehalten.

Eine vielseitige Ausstellung für alle: Die ArtMuc beweist, dass Kunst viel mehr ist als nur Kapitalanlage und schillerndes Statussymbol. Stattdessen sind die Werke ein Spiegel der jeweiligen Zeit, eine Form des intensivsten Individualismus und ein nicht verbal erfassbarer Ausdruck menschlichen Daseins.

Die ArtMuc

läuft vom 7. bis 9. Oktober in den MTC Locations, Ingolstädter Straße 45; www.artmuc.info.

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