Adam Cooper, der Londoner Tänzer, Schauspieler, Choreograf und Regisseur, gehört schon fast zum Ensemble des Münchner Gärtnerplatztheaters. So oft war er bereits hier zu Gast, dass eine Hand beim Zählen nicht ausreicht. „Gefährliche Liebschaften“, „Lustige Witwe“, „Drei Männer im Schnee“, „Candide“, „On a Town“, „Vetter aus Dingsda“, „Tootsie“ – meist war er als Choreograf gefragt, aber auch schon als (Co-)Regisseur. Heute Abend debütiert Cooper in einem neuen Genre, der Oper: Mit Strawinskys „The Rake’s Progress“ („Die Karriere eines Wüstlings“) unter der musikalischen Leitung von Rubén Dubrovsky. Aber für den gewieften Theatermenschen macht das keinen Unterschied. „Ob Musical, Operette oder Oper, das Wichtigste ist, eine Geschichte schlüssig zu erzählen und die Szene entsprechend einzurichten.“
Dass er als Tänzer oft mit Strawinskys Musik zu tun hatte, versteht sich von selbst: Bereits als 15-jähriger Schüler der Royal Ballet School griff er für einen Choreografie-Wettbewerb nach Strawinsky und siegte. Später, als Mitglied im Royal Ballet, tanzte er in „Petruschka“, in „Les Noces“, im „Feuervogel“ und übernahm in einer Londoner Produktion der „Geschichte vom Soldaten“ die Titelpartie. Strawinskys Musik ist Adam Cooper längst in Leib und Seele übergegangen. Er liebt sie und wollte „The Rake’s Progress“ sofort machen.
Das 1951 in Venedig uraufgeführte Stück basiert auf der gleichnamigen Kupferstich-Serie des englischen Künstlers William Hogarth und ist ursprünglich in der Entstehungszeit, Mitte des 18. Jahrhunderts, angesiedelt. „Hogarths London war schmutzig und gefährlich und ich erinnerte mich, dass das in den 1980er-Jahren ähnlich war. Da gab es Punks, Skinheads und Gothic People. Wovor ich mich damals als Teenager schon ein bisschen fürchtete“, erzählt der Regisseur schmunzelnd, der die Story somit näher an uns heranrückt. „Für die Kostüme bietet diese Zeit fantastische Möglichkeiten und auch Strawinskys Musik passt bestens in diese Stimmung. Die Zuschauer werden das Gefühl der 1980er wiedererkennen.“
Für Cooper strebt der Anne Trulove (Mária Celeng) verlassende Tom Rakewell (Gyula Rab) nicht so sehr nach Reichtum, sondern nach Ruhm: Er will Popstar werden und lässt sich deshalb mit Nick Shadow, dem Teufel (Matija Meić), ein. Der wird sein skrupelloser Manager und treibt ihn in einen Nightclub, wo dann auch der Choreograf Cooper aktiv werden kann. Als Assistentinnen des Teufels hat er zwei „gefallene Engel“ erfunden, die zuletzt als Krankenschwestern im Irrenhaus auftreten. Dort nämlich schlüpft Nick, den der Regisseur nicht einfach – wie im Original – spurlos verschwinden lassen wollte, in die Rolle des Doktors. Und was macht er mit „Baba the Turk“, jenem exaltierten, bärtigen Wesen, mit dem der Teufel den willenlosen Tom verheiratet? Politisch korrekt ist diese Figur ja wohl heute nicht mehr. Cooper lacht: „Im Original auch nicht: Da heißt sie ‚the ugly Duchess’ (die hässliche Herzogin). Ich nehme die Bezeichnung als Bühnen-Namen. Sie stammt in unserer Inszenierung aus Ost-London und ist auch ein Popstar, schon wegen des Bartes.“
Dass Strawinsky sich in seinem letzten neoklassizistischen Werk formal und auch inhaltlich stark an Mozart orientierte und zwischen Arien und Duetten viele Rezitative streute, stört den Regisseur nicht: „Gerade um Nick Shadow herum schaffen die vom Cembalo begleiteten Rezitative eine klanglich ganz besondere Atmosphäre und bieten die Möglichkeit, die Geschichte gut zu erzählen.“ Und wie bei Mozart, den Strawinsky neben anderen sogar zitiert, lassen der Komponist und seine Librettisten Wystan Hugh Auden und Chester Kallman am bitteren Ende die Moral von der mit zerbrochener Liebe und in Toms Wahn endenden Fabel verkünden. Alle Protagonisten treten vor den Vorhang: „Zwar noch in ihren wilden Kostümen, aber nicht mehr in ihren Rollen. Eher privat. Und teilen uns mit, dass der Teufel unter uns immer was zu tun findet“, amüsiert sich Adam Cooper.
Premiere
ist heute um 19.30 Uhr; weitere Vorstellungen am 9., 13., 15., 21. und 23. Oktober; Karten unter Telefon 089/ 21 85 19 60.