Dieses Organ ist wie ein Orkan – das wird beim Konzert von Gregory Porter in der restlos ausverkauften Isarphilharmonie vom ersten Takt an klar: Der 50-jährige Jazzsänger aus Kalifornien verfügt über eine sonore, souveräne, samtige Stimme, die sowohl sanft schmeicheln als auch ganze Sitzreihen einfach umpusten kann. Sein betörender Bariton ist Balsam für die Seele, trifft tief ins Herz – und lässt die Eingeweide vibrieren.
Wie immer erscheint der vollbärtige Hüne im eleganten Dreiteiler und mit seinem eigenartigen Kopf-Kondom, einer Kombination aus Ballonmütze und Schlauchschal; wie immer präsentiert er eine fluffige, flott flutschende Wohlfühl-Mischung aus innigen Balladen und groovigen Mitschnipp-Nummern. Begleitet wird er von fünf exquisiten Musikern; drei von ihnen sind ihm schon seit einem guten Jahrzehnt treu. Die Tontechnik fabriziert daraus anfangs einen Klangbrei, der Porters Stimme fast zu ersticken droht. Am besten kann sie sich entfalten, wenn sie – wie bei „Water under Bridges“ – nur vom Klavier oder – wie beim Temptations-Cover „My Girl“ – nur vom Kontrabass begleitet wird. Porter ist indes kein bloßer Interpret fremder Lieder, sondern ein Musiker mit Mission – er schreibt fast alle Songs selbst, und er hat tatsächlich etwas zu sagen: Er führt das Erbe der klassischen Soul- und Jazzgrößen ins 21. Jahrhundert. Und er sieht sich als Botschafter der Liebe. Das klingt nach abgedroschenem Gewäsch, wirkt bei ihm aber absolut authentisch. Manche mögen seine Einstellung naiv nennen (Porter selbst thematisiert das in „If Love is overrated“), doch man nimmt es ihm sofort ab, wenn er erzählt, wie ihm am Nachmittag im Englischen Garten beim Anblick der Händchen haltenden Paare das Herz aufgegangen sei – und wenn er singt, dass die Flüsse der Liebe auch bergauf fließen können („Hey Laura“).
In seinem Anti-Rassismus-Protestlied „Mister Holland“ gelingt es ihm sogar, Hass in liebevollen Respekt zu verwandeln. Kein Wunder, dass das Konzert dieses musikalischen Missionars bisweilen wirkt wie ein Gospel-Gottesdienst. Und kein Wunder, dass das stehend applaudierende Publikum ihn partout nicht gehen lassen möchte.