Frau und Mann in einem großen transparenten Kubus. Einsehbar von allen vier Seiten. Also hier die öffentliche Ausstellung einer Beziehung? Ja, schon – aber ohne Anreiz zu voyeuristischer Anwandlung des Betrachters. Man wird förmlich hineingesogen in diese hermetische Zweisamkeit, mutiert zum mitbewegten, unsichtbaren Schatten in dieser Sprache-los beredten Paarbegegnung: „Relationshifts“, die neue Arbeit der jüngst mit dem Förderpreis Tanz 2022 ausgezeichneten Wahl-Münchnerin Ceren Oran im Einstein Kultur – ansehen, durchleben!
„Shift“, Veränderung, Verschiebung in einer Beziehung, das durchlaufen hier Jin Lee und Uwe Brauns. Zuerst am Boden ein zurückhaltendes Betrachten und Spiel der Hände, dabei kaum hörbar geraunte Worte wie Gemeinsamkeit, Intimität, Getrenntsein. Die beiden gehen in den Raum, Arme und Beine schwingen wie im Kampfsport kraftvoll aus. Jeder darf sein eigener Bewegungsfinder sein. Sie treffen sich wieder, liegen seitlich übereinander, verschlingen sich zu einer bizarren Zwillingsskulptur, wagen Kopfüber-Hebungen des Partners. Hin und wieder spülen Klänge herein, verschwommen indirekt, fremdländische Lieder, ein leise gesprochenes Gedicht. Es ist eine stetig fortlaufende Choreografie, aus der sich, ganz unaufdringlich, die Befindlichkeiten der Partner herausdeuten lassen: gegenseitiger Respekt, Einfühlsamkeit, Stimmungs-Gleichklang, aber auch Selbstbehauptung, Entfremdung und neue Annäherung. Und man wird wieder erinnert, welches darstellerische Potenzial der bewegte Körper hat. Eine Stunde dauert der erste Loop (Schleife). Dann Rollentausch. Große Spannung: Wie wird Frau im zweiten Loop den Mann heben? Wie werden sich Griffe und Figuren jetzt verändern? Jedenfalls lernt der Zuschauer beim zweiten Loop noch mal neu und intensiver sehen.
Weitere Vorstellungen
heute, 12., 13. November, jeweils 18, 19, 20, 21 Uhr; Karten unter eventim.de. Am 12. November ist der Eintritt frei.