„Horch, was kommt denn da daher?“ Eine rhetorische Frage, natürlich. Es sind Peter, Rüde und Flo, das erkennen Fans der Sportfreunde Stiller nach den ersten Takten von „I’m alright“. Die Single haben die drei Sportis bereits im Sommer veröffentlicht (wir berichteten), jetzt folgt das neue Album „Jeder nur ein X“. Endlich! Fünf Jahre haben Peter Brugger, Rüdiger Linhof und Florian Weber pausiert. Sechs Jahre sind seit „Sturm und Stille“, der bislang letzten Platte, vergangen. Sie wussten nicht, ob sie wieder zueinander finden würden. Und doch haben sie es geschafft.
Die Sportis machen auf „Jeder nur ein X“ das, was sie am besten können: 15 lässige Pop-Rock-Songs mit Elementen aus Neuer Deutscher Welle, Funk und Disco. Viel Wortwitz in den Texten, viel Zeitgeist bei der Wahl ihrer Themen. So folgt auf das erfreulich unkitschige und beschwingte „Hand in Hand“ mit „Wächter“ eine kluge und einfühlsame Auseinandersetzung mit psychischen Erkrankungen. „Kein Herz bleibt für immer schwarz, nicht mal deins. Wir begleiten Dich von Nacht zu Tag, aber gehen musst Du selbst“, singen sie und sprechen damit einen engen Freund an, der unter Depressionen leidet.
Und so, wie „I’m alright“ und „Ibrahimovic“ musikalisch unerwartet und experimentell klingen, packen sie die im positiven Sinn erwartbaren großen Hymnen aus: „Ich scheiß auf schlechte Zeiten“ und „Du bist eine Bank“ schreien danach, laut auf Sommerfestivals von einem großen Publikum mitgesungen zu werden. Peter, Rüde und Flo machen im Sportfreunde-Stil Mut mit dem gitarrenlastigen „Bergauf“, setzen sich mit viel Synthesizer-Sound mit der Weltlage auseinander und sagen: „Früher war schon (immer alles nicht besser)“. Für „Drama mit dem Karma“ bedienen sie sich musikalisch in den Achtzigern und klären die Frage, wie sich unser Verhalten auf das nächste Leben auswirkt. Und dann ist da das titelgebende „Jeder nur ein X“.
Ein wunderschöner, vom Klavier getragener Pop-Song, der die Kämpfe beschreibt, die wir Menschen mit uns und unserer Umwelt ausmachen. Dass die Sportfreunde damit Monty Pythons „Das Leben des Brian“ zitieren, ist gewollt – und war der Band so wichtig, dass sie das Zitat zum Titel des Albums gemacht haben.
Können die Sportfreunde Stiller damit an alte Erfolge anknüpfen? Sie verspüren keinen Druck, haben sie im Sommer im Interview mit unserer Zeitung erklärt. Es hat sich viel getan, seit sie die letzte CD veröffentlicht haben. Heute sind es nicht mehr Verkäufe, sondern Streams, die über Erfolg und Misserfolg entscheiden. „Ein Nummer-1-Album, geht das überhaupt noch? Wir haben einfach versucht, zu dritt einen Nenner zu finden“, sagte Flo Weber auf die Frage, ob das neue Album ein Erfolg werden müsse. Und so klingt es auch: nach Spielfreude, nach einer guten gemeinsamen Zeit, aber auch nach einer intensiven Auseinandersetzung mit der Welt, die sie nach fünf Jahren Pause vorgefunden haben.
„Jeder nur ein X“ ist in vielerlei Hinsicht ein klassisches Sportfreunde-Album. Es ist aber auch ein frisches, anderes Sportfreunde-Album. Zum Mitsingen, zum Durchhören, zum Nachdenken. Eine Platte, die Spaß macht. Die Sportfreunde Stiller haben nicht nur sich, sondern auch ihre Musik wiedergefunden. Ein Glück!
Sportfreunde Stiller:
„Jeder nur ein X“ (Vertigo).
Konzert: Am 26. November spielen die Sportfreunde Stiller im Circus Krone in München; der Auftritt ist ausverkauft. Weitere Termine gibt es unter sportfreunde-stiller.de.
„Jeder nur ein X“ erinnert an Monty Python
Ein Album zum Mitsingen und Nachdenken