Münchens neuer Musikkeller

von Redaktion

Bis Mitte Februar kostenlose Sessions in der alten Unterfahrt

VON JÖRG SEEWALD

Jack Kerouac hätte gar nicht „unterwegs“ sein müssen auf der Suche nach dem perfekten Musik-Kick. Er hätte nur in die Münchner Kirchenstraße 96 fahren müssen. „Hier findest du die beste Jam in ganz Südbayern“, sagt Jakob Schreiner verschwitzt von seinem Drummer-Einsatz auf der Bierkastenbühne in der Ankerhaide. „Seit sechs Wochen fahre ich jeden Donnerstag aus Kempten nach München, um dabei zu sein.“

Der Allgäuer ist beseelt wie alle seine Musikerkollegen, die sich ab 21 Uhr in den Räumen des alten Unterfahrt-Clubs versammeln, der zuletzt als Thai-Restaurant fungierte, weswegen ein bizarrer Goldspiegel den Drummer umrahmt. Endlich greift sich Jules Williams das Mikro. Der Groovetrain nimmt Fahrt auf. Soulig, bluesig, funkig mit Nummern von Marvin Gaye, James Brown und John Mayer.

Der 20-jährige Max Nachtmann ist virtuos am Fender, gekontert von Titus Vollmer an der Gibson, dessen Sohn Elias an den Keys und mit dem rhythmischen Rückgrat von Peter Oscar Kraus an den Drums und Raoul Walton am Bass, der schon mit Westernhagen und den Rainbirds tourte. „Das hier ist mit nichts vergleichbar“, sagt er in einer Pause. „Ich war in den vergangenen beiden Jahren sehr krank und glaubte, in der Musik alles gesehen zu haben. Das hier hat mir wieder Kraft gegeben.“

Über 20 Musiker werden am Ende gejammt haben. Sie kommen aus dem Publikum und haben ihre Querflöte dabei wie Straßenmusiker Franz. Oder sie bringen mit ihrer Stimme den Laden zum Fliegen wie Gladys Mwachiti mit „Stormy Monday“ und der Weißrusse Vince, der sonst die Irish Pubs der Stadt beseelt. Sie geben Stevie Wonders „Superstition“ neuen Drive wie Samy Wolf oder lassen Amy Winehouse mit „Valerie“ auferstehen, wie es Charlotte aus London schafft. Neben ihr steht Johannes, der „Cantaloup Island“ auf der Trompete bläst.

„Für mich war das gerade das Highlight der Woche“, sagt die Münchnerin Iris. Leider ist das Glück, das keinen Eintritt kostet, von begrenzter Dauer: Die Jams soll es nur bis Mitte Februar geben. „Es ist eine Zwischennutzung, bevor das Haus umgebaut wird“, verrät Tom Nemeth, einer der Ankerjam-Mitgründer. Samy Wolf hat einen Wunsch: „Das muss bleiben! So einen Club gibt es nicht mal mehr in New York.“

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