Alt sein war gestern. Heute ist man „Best Ager“! Das denkt sich auch die Titelheldin des Musicals „Rockin’ Rosie“, die im Kreise ihrer ehemaligen Band-Mitglieder den 70. Geburtstag feiert. Denn in den Adern der rüstigen Dame pulsiert noch immer das Lebensgefühl der wilden Siebziger, als es die Truppe in den Schwabinger Clubs ordentlich rocken ließ. Und so kommt es auf der Studiobühne des Münchner Gärtnerplatztheaters beim Kaffeekränzchen mit Haschkeksen immer wieder zu herrlich skurrilen Momenten. Vor allem dann, wen die rockenden Rentner auf die politisch überkorrekte, aber leider völlig humorfreie Enkel-Generation treffen. Autor Peter Lund und Komponist Wolfgang Böhmer stellen da immer wieder bewusst klassische Rollenbilder auf den Kopf, bedienen aber ebenso gekonnt die Standards der gepflegten Boulevardkomödie.
Entwickelt haben sie ihr schmissiges Kammermusical gemeinsam mit dem Ensemble, was der ganzen Sache zusätzliche Authentizität verleiht. Schließlich war Dagmar Hellberg, die in der Titelrolle zu erleben ist, als Sängerin und Radio-Moderatorin einst selbst eine feste Größe in der Münchner Musikszene. Davon legt unter anderem das gerahmte Glamour-Foto an der Bühnenrückwand Zeugnis ab.
Nicht nur in ihrer Band, auch im Stück ist Hellberg klar die Frontfrau. Mit ausdrucksstarker Stimme, die das Publikum in den rockigen Nummern ebenso in Bann zieht wie in den ruhigen, nach innen gewandten Momenten. Sie paart das mit perfektem komödiantischem Timing, das sich vor allem im Schlagabtausch mit den drei potenziellen Vätern von Rosies Sohn manifestiert.
Natürlich schielt da „Mamma Mia“ hin und wieder leicht ums Eck. Was aber nichts daran ändert, dass „Rockin’ Rosie“ dank Böhmers eingängigem Retro-Sound dennoch eine eigene Identität bewahrt und sich durch den Fokus auf die älteren Semester im Ensemble wohltuend von manch anderem genormten West-End- oder Broadway-Import abhebt. Und ja, es macht einfach einen Mordsspaß zuzusehen, wie Frank Berg, Alexander Franzen, Frances Lucey und Erwin Windegger souverän ihre langjährige Bühnenerfahrung ausspielen und mit einer gesunden Portion Selbstironie die Pointen punktgenau platzieren. Seien die manchmal auch noch so flach.
Ein sicheres Händchen beweist wieder einmal Regisseurin Nicole Claudia Weber, die sowohl die Schenkelklopfer des Boulevards bedient als auch die nötige Sensibilität für jene Momente mitbringt, in denen man die ernsten Familienkonflikte verhandelt und endlich auch zwischen den Generationen ein Dialog auf Augenhöhe geführt wird.
Nächste Vorstellungen
heute sowie am 14., 16., 18., und 19. Dezember; Telefon 089/ 21 85 19 60.