Mit mehreren Premieren wartet das Neujahrskonzert aus Wien auf. So wird sich der Mädchenchor der Wiener Sängerknaben erstmals dem globalen TV-Publikum vorstellen. Außerdem werden die Wiener Philharmoniker nach den Worten von Orchestervorstand Daniel Froschauer fast ausschließlich Stücke spielen, die noch nie beim Neujahrskonzert auf dem Programm standen. Am 1. Januar steht Franz Welser-Möst am Pult. Zum Thema Dirigentinnen beim Neujahrskonzert meinte Froschauer, dass die Wiener immer wieder unter hervorragenden Künstlerinnen wie Joana Mallwitz spielen. Allerdings lade man erst nach einer mindestens zehnjährigen Zusammenarbeit zu diesem Anlass ein.
Zapfige Kälte im Dezember? Das beste Rezept dagegen scheint ein Billy-Talent-Konzert zu sein! In der bislang kältesten Nacht des Jahres gastierte die Rockband im seit Wochen ausverkauften Zenith. Deutschland ist für die Kanadier fast schon ein zweites Zuhause: Nur in ihrem Heimatland sind sie ähnlich erfolgreich. Kein Wunder, dass die Band hierzulande fast nonstop tourt und so ziemlich jeden Sommer die größten Festivals beehrt.
Schnell zeigt sich auch an diesem Abend, wieso die Billy-Talent-Erfolgsformel stets aufs Neue aufgeht. Bereits beim ersten Song, „Devil in a Midnight Mass“, der inzwischen auch schon mehr als 15 Jahre auf dem Buckel hat, brechen alle Dämme. Das durch die Pandemie ausgehungerte Publikum springt, tanzt und grölt, als gäbe es kein Morgen. Die Temperatur in der Halle nähert sich deshalb schnell dem Siedepunkt. Immer wieder schwingen sich Crowdsurfer in die Höhe, um auf Händen zur Bühne getragen zu werden. Bierfontänen spritzen und sorgen für Abkühlung in der Saunalandschaft Zenith.
Auch 29 Jahre nach Bandgründung ist den Kanadiern eine schier unerschöpfliche Energie anzumerken. Sänger Benjamin Kowalewicz ist mit seinen mal sanften, mal keifenden Stimmlagen weiterhin unverwechselbar. Das Zusammenspiel mit dem wütend brüllenden Ian D’Sa als Backgroundsänger und Gitarrist ist erstklassig. Billy Talent vermischen gekonnt Punk- mit Alternative-Rock zu einem schweißnassen Konstrukt. Das vergleichsweise ruhige aktuelle Album „Crisis of Faith“ steht dann auch weniger im Mittelpunkt. Stattdessen packen Billy Talent 21 Songs quer durch die Bandgeschichte in knackige 90 Minuten. Neue Songs wie „The Wolf“ sorgen dabei für dankbar angenommene Verschnaufpausen.
Mit den Worten „Wenn jemand hinfällt, dann helft ihm wieder auf“, erklärt Kowalewicz wie bei jedem seiner Konzerte die Spielregeln fürs Tanzen. „Try Honesty“ weckt nostalgische Erinnerungen beim bunt gemischten Publikum, das sich sehr textsicher zeigt. Mit ihrem größten Hit „Red Flag“ gehen die Kanadier von der Bühne und hinterlassen eine glückliche, verschwitzte Menschenmasse – und das mitten im Dezember. MICHAEL HELLSTERN