Strategen der Kunst

von Redaktion

Mit seinen spektakulären Museen sendet Katar auch eine politische Botschaft aus

VON GÜNTER KLEIN

Messi war auch da. Nicht der echte, aber viele, die gerne wären wie er und sein Argentinien-Trikot mit der Rückennummer 10 tragen. Es ist Fußball-Weltmeisterschaft in Katar, dieses Wochenende noch, und das Land will sich nicht nur über den Sport definieren, es hat auch kulturelle Ambitionen. Neben Stadien wurden – wohl unblutiger – auch Museen errichtet, die definitiv länger existieren werden als die Fußball-Arenen, denen ein Rück- oder Abbau bevorsteht.

Die Kultur ist die zweite Säule von Katars Soft-Power-Strategie, in den WM-Tagen wurde die Brücke zum großen Sport geschlagen. Wann hat man so viele Menschen in Katar? Um das Fan-Volk wurde daher massiv geworben mit günstigen Paketen. Ein „All you can see“ ab 55 US-Dollar. Mit seinen Museen verfährt Katar nicht anders als mit den Stadien. Es setzt auf das Prinzip Überwältigung.

Das Nationalmuseum und das Museum für Islamische Kunst sind ein paar hundert Meter voneinander entfernt, beide das Werk internationaler Stararchitekten – und sie stehen am Meer. Wer eintritt, dem eröffnet sich der Blick über die Bucht von Doha auf die Skyline der Stadt – das Postkartenmotiv, wenn man noch Grüße auf diesem Weg verschicken würde.

Das Nationalmuseum ist äußerlich eine interessant aufgeschichtete Sanddüne, und das ist die Ausgangslage der Geschichte Katars. Ein Land, das die Wüste hatte und das Meer, man (über)lebte von Fischfang und Perlentaucherei, bis Öl und Gas entdeckt wurden. Dieses Museum hat einen geologischen, einen naturwissenschaftlichen Touch – und je weiter man in der Zeit voranschreitet, ab der Staatsgründung 1971, wird es auch politisch. Das heißt im Fall Katars auch propagandistisch.

Katar verkauft sich als eine Gesellschaft, in der etwa Pressefreiheit gilt – dabei liegt es in den weltweiten Rankings im unteren Drittel. Abgespielt wird in einer der zahlreichen Videoinstallationen auch eine Katar-freundliche Rede des ehemaligen deutschen Außenministers Sigmar Gabriel (SPD). Das Museum für Islamische Kunst sendet auch eine politische Botschaft aus: Katar beansprucht für sich die zentrale Rolle in der arabischen Welt, hier bietet es ein Sammelsurium von Kunstgegenständen auch aus den Nachbarländern. Man hätte ja auch befürchten können, dass Katar sich neben dem Fußball-Club Paris Saint-Germain gleich noch ein paar Ölschinken aus dem Louvre kauft.

Der Architekt der dortigen Glaspyramide, I.M. Pei, hat das Kunstmuseum in Doha designt. Doch hier wahrt Katar, das vor allem städtebaulich sonst vieles kopiert, seine Identität. Und überzeugt derzeit mit einer Sonderausstellung zu Bagdad und dem Irak. In die kann man auch als Europäer eintauchen und sich an Plakaten erfreuen, die das irakische Eisenbahnnetz preisen. Eine überlieferte Kunst der klassischen Leinwandmalerei fehlt Arabien, es hat seine kreativen Ressourcen in Schmuckgegenstände, Kleider und Räume gesteckt.

Eine Angleichung an europäische Kunstverhältnisse erlebt man erst im „Mathaf Arab Museum of Modern Art“. Es ist unscheinbar im Vergleich zu den Prunkbauten an der Strandpromenade Corniche, es liegt am Rande des Universitätsviertels Education City. Ist man an den Pflichtporträts der Herrscherfamilie vorbei, wird es interessant, denn es präsentiert sich eine rege und vielfältige junge Szene, auch mit Vertretern aus Gaza, die Joseph Beuys studiert haben. Wohltuend ruhig ist es in den Mathaf-Galerien. Für die Messis ist es zu abgelegen.

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