Erster Schritt auf einem langen Weg

von Redaktion

Deutschland gibt Raubkunst an Nigeria zurück – viele afrikanische Schätze lagern hierzulande

VON KATJA KRAFT

Was am heutigen Dienstag in Nigeria passieren wird, ist keine bloße Symbolpolitik. Wenn Außenministerin Annalena Baerbock zusammen mit Kulturstaatsministerin Claudia Roth (beide Grüne) wie berichtet die ersten 20 von mehr als 1000 in Deutschland befindlichen Benin-Bronzen in Nigerias Hauptstadt Abuja übergibt, ist das ein wichtiger Schritt auf dem langen Weg des Versuchs einer Wiedergutmachung der Taten einstiger Kolonialmächte. Ein Weg, auf den sich im vergangenen Jahr der französische Präsident Emmanuel Macron gemacht hat, und den nun auch Deutschland beschreiten will.

Im Oktober 2021 gab Frankreich 26 Kunstobjekte offiziell an die westafrikanische Republik Benin zurück. Raubkunst, die 1892 von französischen Soldaten während des blutigen Kolonialkrieges nach Europa geschafft wurde. Ein historisches Ereignis war diese Rückgabe. Und ein erstes Einlösen des Versprechens, das Macron 2017 öffentlich gegeben hatte: nämlich sämtliche Raubkunst in französischem Besitz auf Verlangen innerhalb von fünf Jahren zu restituieren, also an die rechtmäßigen Besitzer zurückzugeben.

Dieser historische Schritt einer der größten drei einstigen Kolonialmächte sorgte dafür, dass auch in Deutschland die sehr verhaltene Restitutionspolitik einen Schub bekam. Die französische Kunsthistorikerin und Expertin in der Provenienzforschung, Bénédicte Savoy, prophezeite 2021 in einem Interview mit der ARD denn auch optimistisch: „Das 21. Jahrhundert wird das Jahrhundert der Restitution sein.“

Es geht hier ja nicht allein um die Rückgabe der Benin-Bronzen, die 1897 bei einer britischen Strafexpedition aus dem Palast des Königshauses Benin geplündert und sowohl an private Sammler als auch an zahlreiche europäische (so auch: deutsche) Museen verkauft worden waren. Archäologiegeschichte erzählt in ihren dunklen Kapiteln auch immer wieder von Blut, das an Kunstwerken haftet. Man denke nur an den Schatz des Priamos, den Heinrich Schliemann (1822-1890) während seiner Ausgrabungen in Troja entdeckte. Und der auch rund 150 Jahre später noch Grund für Diskussionen um die Frage gibt, wem das Gold von Troja rechtmäßig gehört. Nanette Snoep, Leiterin des Rautenstrauch-Joest-Museums in Köln, wies im Zusammenhang mit der Rückgabe der Benin-Bronzen darauf hin, dass etwa 70 Prozent des afrikanischen Kulturerbes in europäischen und nordamerikanischen Museen liegen. Dieser Weg der Aufarbeitung, er wird ein langer sein.

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