Am 23. Dezember will er es noch einmal wissen: Trompeter Ludwig Güttler wird die 30. Weihnachtliche Vesper vor der Dresdner Frauenkirche leiten. Die Veranstaltung geht auf ihn zurück. In diesem Jahr wollen einen Tag vor Heiligabend auch seine Freunde und Weggefährten aus ganz Deutschland zum Open-Air-Gottesdienst auf den Neumarkt kommen. Der Grund: Güttler hört auf.
Das hatte er im Sommer angekündigt, nun macht er es wahr. Am 1. Januar gibt es in der Frauenkirche für ihn ein Abschiedskonzert. Der populäre Trompeter sitzt dann bereits im Publikum. Das letzte Konzert seiner erfolgreichen Karriere will Güttler nur wenige Tage zuvor geben, am 29. Dezember in der evangelischen Kirche im sächsischen Röhrsdorf bei Meißen – mit seinem Blechbläserensemble.
Die Ortswahl sei mehr oder weniger Zufall, sagt er. In dieser „wunderschönen Kirche“ habe er immer wieder gespielt, so auch in diesem Abschiedsjahr. Er meine es ernst mit dem Aufhören, sagt der 79-Jährige. Er sei nicht einer von denen, die ihren Abschied ankündigen und dann nicht durchziehen: „Ich wollte immer selbst entscheiden, wann ich aufhöre, das habe ich getan.“ Und so schwer sei das auch gar nicht. „Ich gebe schon seit 15 Jahren Zugaben“, sagt er. Das Rentenalter habe er im wahrsten Sinn des Wortes mit Musik überspielt. Er sehe das als Geschenk.
Für die Zeit nach dem Karriere-Ende habe er noch keine Pläne. Erst einmal stehe die kurz- und mittelfristige Erholung an. Güttler ist vor ein paar Monaten aus dem Dresdner Westen in die Innenstadt gezogen. Von seiner Wohnung aus blickt er auf den Stallhof des Residenzschlosses. Nur wenige hundert Meter vom neuen Domizil entfernt steht die Frauenkirche, für deren Wiederaufbau er unermüdlich warb.
Der 1943 im erzgebirgischen Sosa geborene Musiker blickt auf eine überaus erfolgreiche Karriere zurück. Rund 100 Tonträger wurden mit ihm als Trompeter, Bläser des Corno da caccia oder Dirigenten produziert. Konzertreisen führten den Virtuosen um die ganze Welt. Höhepunkte seiner Karriere seien aber auch immer wieder die Aufführungen von Bachs Weihnachtsoratorium mit dem Dresdner Kreuzchor gewesen, erinnert sich Güttler. Aber auch jedes der mehr als 1500 Wiederaufbaukonzerte für die Frauenkirche habe er als „ein besonderes“ erlebt.
In seinem Konzertreise-Gepäck habe er immer fünf Trompeten, erzählt Güttler. Etwa zwölf seiner rund 30 Instrumente spielt er regelmäßig. Als Kind hat er auch Flöte, Klavier, Orgel und vor allem Cello gelernt. Dass er Trompeter geworden ist, verdankt er vor allem seinem Lehrer: „Ludwig, du wirst sicher auch ein guter Cellist, doch bedenke die Marktlage“, zitiert Güttler ihn heute. Das Verhältnis von sehr guten Trompetern zu sehr guten Cellisten sei damals etwa 1 zu 1000 gewesen. Güttler lebt heute abwechselnd in Dresden und Kärnten. Im Sommer wird der Vater von fünf Kindern und Großvater von zehn Enkelkindern 80 Jahre alt.