Die reinste Form des Steins

von Redaktion

VON LARA LISTL

Schmuckstück, magisches Heilmittel, Sehhilfe, Reliquienbehältnis und vieles mehr. Ob in der Kirche, an der höfischen Tafel, beim Wahrsagen oder zum Heilen – schon seit der Frühzeit weckt der Bergkristall die Faszination des Menschen. Diesem besonderen Stein widmet sich das Buch „Magie Bergkristall“.

Begleitend zur gleichnamigen Ausstellung im Kölner Museum Schnütgen, doch nicht als Katalog, sondern als eigenständiges Werk, stellt der Band auf 385 Abbildungen Werke aus Bergkristall von der Antike bis zum ausgehenden Mittelalter vor: von Schachfiguren, antiken Ringen, Halsketten, Linsen, vergoldeten Löffeln, Krügen, Kannen, Reliquienstatuetten bis zu Kristallkugeln – die nicht nur als Schmuckstück, sondern auch als Grabbeigabe verwendet wurden. Dazu erzählen die Texte verschiedener Autorinnen und Autoren von den vielfältigen Facetten des Bergkristalls, von Handwerk und Handel, von Schliff und Politur sowie von archäologischen Fundobjekten.

Schon Kaiser Nero (37-68), bedeutender Herrscher des Römischen Reiches, soll Gefäße aus Bergkristall besessen und diese als kostbaren Schatz gehütet haben. Besonders geschätzt seien ungetrübte wasserklare Stücke gewesen, die ohne Dekor belassen wurden. Doch nicht nur als Schmuckstück, sondern auch als Sehhilfe wurde der Bergkristall in der Antike verwendet. Zudem glaubte man an eine heilende Wirkung und magische Kräfte des Minerals, das zur Gruppe der Quarze gehört. Und der römische Gelehrte Plinius der Ältere (23/24-79) empfahl den Stein zum Wundverschluss, und zwar indem er als Linse zur Bündelung von Sonnenstrahlen genutzt werden sollte.

Im Mittelalter galten Bergkristalle als die reinste Form des Steins. Eingesetzt wurden sie unter anderem an der höfischen Tafel, zum Wahrsagen, als Gefäße und zur Aufbewahrung von Reliquien. Dass sie von Malern in ihren Werken verewigt wurden, unterstreicht diese Bedeutung. So beispielsweise in Juan de Flandes „Das Festmahl des Herodes“: Beim ersten Blick fallen die aus Bergkristall gefertigten Tischbeine dem Betrachter womöglich nicht auf, doch ein zweiter Blick auf das transparente Leuchten unter der Tischdecke offenbart den gemalten Stein im Bild.

Manuela Beer (Hrsg.):

„Magie Bergkristall“. Hirmer, München, 448 Seiten; 55 Euro.

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