Zum Festakt „500 Jahre Bayerisches Staatsorchester“ gestern Vormittag im Münchner Nationaltheater gab es naturgemäß die üblichen Reden, aber auch festliche Musik – sogar ganz unübliche. Denn das Staatsorchester huldigte nicht nur den Hausgöttern Wagner und Strauss (Mozart fehlte), sondern besann sich auf die Ur-Anfänge vor einem halben Jahrtausend: Im Jahr 1523 wurde der Komponist Ludwig Senfl an den Hof der Wittelsbacher geholt, der wie später Orlando di Lasso die Hofmusik ausbaute und zur Keimzelle des Bayerischen Staatsorchesters machte. Mit Senfls Madrigal „Mit Lust trit ich an diesem Tag“ und di Lassos „Il magnanimo Pietro“ aus „Lagrime di San Pietro“ spannte eine Blechbläserformation aus Trompeten, Hörnern, Tuben und Posaunen den Bogen vom festlich dicht gefügten Satz zum getragenen, klangschönen Trauerton in den „Lagrime“ (Tränen).
Zuvor hatte der musikalische Chef des Hauses, Vladimir Jurowski, das Vorspiel zum ersten Akt von Richard Wagners „Die Meistersinger von Nürnberg“ – 1868 vom Orchester uraufgeführt – zum opulenten Entrée gemacht. Natürlich glänzte auch hier das Blech, neben dem jedoch die Holzbläser genügend Gelegenheit erhielten, sich adäquat in Szene zu setzen, und das Schlagwerk aufblitzte. Die Homogenität in allen Streichergruppen veredelte nicht nur Wagners Klänge, sondern ebenso den musikalischen Höhepunkt dieser Matinee: Richard Strauss’ letztes symphonisches Werk „Eine Alpensymphonie“.
Ein Opus, das in seiner Riesenbesetzung möglichst vielen Orchestermitgliedern die Chance bot, den Festakt mitzugestalten. Außerdem ein Werk, das in Strauss’ heimischen Gefilden, dem Alpenvorland, verwurzelt ist und die Erlebnisse des Bergwanderers mit denen des Nietzsche-Lesers verknüpft. Das Staatsorchester bestätigte dabei alle zuvor „gesungenen“ Lobeshymnen mit Bravour, und Jurowski behielt den Aufbau dieses monströsen Sonatensatzes fest im Blick. Unterm großen Spannungsbogen fügten sich das muntere Wanderthema oder die melodischen Passagen mit Holz (besonders delikat: Oboe und Englischhorn) und Hörnern sowie die mächtig aufrauschenden Tutti mit Orgel und Donnerblech. Eine großartige Leistungsschau des Bayerischen Staatsorchesters, die mit Ovationen belohnt wurde.
Weit weniger Applaus gab es für den bayerischen Landesvater Markus Söder, der unvermittelt per Video zugeschaltet wurde und mit seinem Vergleich zwischen dem Klangkörper und dem FC Bayern viel Gelächter im Festpublikum auslöste. Erst recht, als er dann seine „Gratulation zum entsprechenden Jubiläum“ aussprach.
Landtagspräsidentin Ilse Aigner würdigte das Staatsorchester als „hellen Stern am bayerischen Kulturhimmel“ und betonte, dass die Musik als verbindende Kraft zwischen Menschen, Völkern und Nationen zu Frieden und Zusammenhalt beitrage. Kunstminister Markus Blume konstatierte lachend, dass der Vergleich mit dem Fußball wohl nicht so gelungen war, und erinnerte schmunzelnd an das bayerische Reinheitsgebot, das sieben Jahre älter als das Staatsorchester sei. Daraus folgerte er: „Auch hier dürfen und können nur die Besten mitspielen.“ Er würdigte die Idee des Wittelsbacher Herzogs Wilhelm IV., 1523 den Grundstein für das Orchester zu legen und hob das Engagement des Hofes hervor, das von der Staatsregierung übernommen wurde. Blume betonte auch, dass sich immer wieder die Bürgerschaft aktiv und mit Spenden für den Erhalt des Orchesters und der Oper eingesetzt habe.
Als Vertreter des Hauses hatte Staatsopern-Intendant Serge Dorny die Gäste, unter ihnen viele Ehemalige des Orchesters, zu Beginn begrüßt und den Musikerinnen und Musikern ein „Ad multos annos!“ zugerufen. Auch vier Mitglieder des Orchesterrates dankten ihrem Publikum, ihren Freunden und Förderern sowie Herzog Franz von Bayern, der die Schirmherrschaft für das Jubiläumsjahr übernommen hat.