Romantisches nicht nur von Mendelssohn, sondern natürlich auch von Bruckner stand auf dem Programm, als Herbert Blomstedt am Donnerstagabend im Herkulessaal ans Pult des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks (BRSO) geleitet wurde. Mit seinen 95 Jahren ist der in den USA geborene Schwede der älteste noch auftretende Dirigent. Und immer wieder beschert er zusammen mit dem BRSO dem Münchner Publikum ganz besondere musikalische Erlebnisse. So auch diesmal, als er zunächst dem Solisten in Mendelssohns Violinkonzert e-Moll den Vortritt ließ.
Leonidas Kavakos nutzte die Gelegenheit, mit hellem bis in die höchste Lage edlem Ton quasi die Vorgabe für das Orchester zu liefern, das mit der geforderten Leichtigkeit zu Werke ging – von Blomstedt mit kleiner Zei-chengebung geleitet. Besonders schön gelangen das Miteinander von Solist und Holzbläsern sowie die in den Satz integrierte Kadenz, die Kavakos souverän meisterte. Innigen, lieblichen Gesang entfaltete er im Andante, bevor er im hurtigen Finale noch einmal virtuos auftrumpfte.
Im folgenden, gut einstündigen Opus, Bruckners vierter Symphonie in Es-Dur, erlebten die Zuhörer, wie die Musik Blomstedt zusehends verjüngte. Unglaublich, mit welcher Spannung er die vier Sätze vom ersten, sanften Hornsignal des Beginns bis zum Fortissimo-Schluss auflud. Bruckners gewaltige Steigerungen, die abrupten Abbrüche, die ausgereizten Kontraste, all das entwickelte sich stets in natürlicher Folgerichtigkeit, war nie Effekt.
Die Struktur im Ganzen wie in den einzelnen Sätzen hat Blomstedt so verinnerlicht, dass er ohne Partitur dirigierte. Die hohe Spielkultur aller Streichergruppen, bei Bläsern und Schlagzeug und die Vertrautheit des Orchesters mit dem Dirigenten garantierten magische Momente – und versprühten tänzerischen Schwung im Trio des Jagd-Scherzos. Standing Ovations.