Mahlzeit, München!

von Redaktion

Das Literaturhaus lädt zur Faschingslesung

VON MICHAEL SCHLEICHER

Man nehme:

zwei Recherche-verrückte promovierte Romanisten

ein Thema, das durch den Magen geht

reichlich Quellentexte und andere Archivalien

eine Prise Grausen und Grusel

einen kräftigen Schuss Neugier

jede Menge gute Laune

Man verrühre diese Zutaten und serviere sie optisch derart charmant und hochwertig, wie das Berliner Designbüro studio stg. Fertig ist die „Wunderkammer der exzentrischen Küche“.

Ja, es ist ein toller Schmaus, den Tobias Roth und Moritz Rauchhaus mit ihrem neuen Buch angerichtet haben, das sie heute in München vorstellen. Weit öffnen sie die Türen zur „Wunderkammer der exzentrischen Küche“, beleuchten die Hoch- und Tiefpunkte der Kulinarik, widmen sich hingebungsvoll den großen Fressen, die überliefert sind, Staunen über Rekorde, kommentieren, informieren über die Frauen und Männer, die uns all das beschert haben. „Die Kochkunst gehört zu jenen Künsten, die wie Garten- oder Tanzkunst nicht besonders lange haltbar sind und nur bedingt in Texten oder Bildern eingemacht werden können“, berichten Roth und Rauchhaus. „Je älter die Zeugnisse, desto rätselhafter ihre Inhalte und Schilderungen: Alle nicht ausformulierten Selbstverständlichkeiten verblassen mit der Zeit, und alle Klänge, Gerüche, Geschmäcker waren sowieso nie wirklich im Text anwesend.“ Umso schöner, dass sie nun tief in die Archive hinabgestiegen sind und versammelt haben, was sie entdeckten: Rezepte, natürlich, aber eben auch Anleitungen (etwa von Matthias Jäger aus Bayern, der in einem Traktat von 1621 die acht Varianten offenbarte, um eine Orange zu schneiden). Es gibt Informationstafeln („Was Pasteten im Innersten zusammenhält“), Menüfolgen (etwa anlässlich der Krönung von James II. Stuart 1685), Erinnerungen, Wissenswertes (die Entdeckung des Champagners – ein Küchenunfall!), Literarisches von Walter Benjamin, Ernst Bloch, Erich Mühsam, Herder und Horaz. Ein großartiges Literatur- und Abbildungsverzeichnis sind daher das perfekte Dessert dieses Buchs. Und erinnern Sie sich, wie einst Ribéry vor einem Blattgold-Steak gockelte? Roms Kaiser Elagabal (204-222) hätte nicht mal müde gelächelt. Er servierte „Erbsen mit Goldstücken, Linsen mit Onyx, Bohnen mit Bernstein und Reis mit Perlen“. So geht Exzentrik.

Tobias Roth/ Moritz Rauchhaus (Hrsg.):

„Die Wunderkammer der exzentrischen Küche“. Das kulturelle Gedächtnis, Berlin, 320 S.; 28 Euro.

Faschingslesung: Tobias Roth und Moritz Rauchhaus stellen ihr Buch heute, 19 Uhr (Sektbar ab 18 Uhr), im Münchner Literaturhaus, Salvatorplatz 1, vor; Karten unter 0761/888 49 999, unter literaturhaus- muenchen.reservix.de sowie an der Abendkasse.

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