„Literatur in Bayern“, Nr. 1, 8 Mark – „Literatur in Bayern. Kulturzeitschrift“, 37. Jahrgang, Heft 150, 9 Euro. Zurzeit liegt die Jubiläumsausgabe des vierteljährlich erscheinenden Periodikums vor, knallig in Karmesinrot und Zitronengelb. Im September 1985 war das Cover schwarz-weiß und zählte nüchtern den Inhalt des Magazins auf. Im März des gleichen Jahres hatte die Autorin dieses Artikels Dietz-Rüdiger Moser (1939-2010), den Inhaber des Lehrstuhls für Bayerische Literaturgeschichte an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) interviewt. Anlass: die Neuschaffung eines eigenen Instituts für diesen Forschungsbereich (es existiert mittlerweile nicht mehr). Moser kündigte in dem Zusammenhang an, eine Zeitschrift herausgeben zu wollen, eben jene „Literatur in Bayern“, wobei ihm das in wichtig war. Und es bis heute entscheidend ist, weil dadurch jegliche Enge vermieden werden kann. Sprich: Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek ist auch Literatur in Bayern.
Nun also wieder ein Geburtstagsinterview. Kein Wunder, dass man schon bei der telefonischen Verabredung mit Gerd Holzheimer (Jahrgang 1950), aktueller und wohlgemerkt ehrenamtlicher Herausgeber und Chefredakteur des Magazins, über „Kreise, die sich schließen“ plaudert. Beim Anblick der alten Artikel, die man zum Gespräch in der Cantina des Pasinger Bahnhofs mitgebracht hat, äußert sich der Schriftsteller (Gerhard-Polt-Biografie) und ehemalige Lehrer gerührt. Er habe früh für Moser und „Literatur in Bayern“ geschrieben und am Institut mitgearbeitet: „Der war ja koa Bayer und hod an ,Native Speaker‘ braucht“, kommentiert der Münchner schmunzelnd.
Schnell wird klar, dass es da eine intensive Bindung gegeben haben muss, obwohl Holzheimer später zu den Germanisten wechselte. Bei Mosers Beerdigung 2010 sei die Bitte an ihn herangetragen worden, die Herausgeberschaft zu übernehmen; das sei Mosers Wunsch gewesen. „Was sagst du dann – am offenen Grab? Ich kann das nicht, weiß gar nicht, wie das geht?“ Natürlich hat Holzheimer zugesagt; und es ist sicher so, dass es ohne ihn die Zeitschrift schon lange nicht mehr geben würde.
Offen sagt er, dass das Blatt ständig ums finanzielle Überleben kämpfen müsse, dass es nur mit Ausbeutung Wohlmeinender und Selbstausbeutung gehe. Man habe etwa 1200 Abonnenten, auch neugierige Leserinnen und Leser aus Norddeutschland und sogar bisweilen aus Übersee. Jetzt beim Jubiläumsheft haben sich alle angefragten Politiker – inklusive des gerade erst verstorbenen Sepp Dürr (Grüne) – nicht lange bitten lassen, dafür zu schreiben. Da wäre es doch eine sinnvolle Geste, denkt unsereins, wenn Kunstminister Markus Blume (CSU) auf Dauer ein wenig in den Geldsäckel greifen würde.
Hans Maier würde das wohl begrüßen. 1985 war er Blumes Vorgänger, schrieb das initiale Geleitwort zu „Literatur in Bayern“ und tat es nun für die 150. Ausgabe wieder; übrigens mit einer innigen Eloge an Marieluise Fleißer (1901-1974). Mit Maier schließt sich ebenfalls ein Kreis für Holzheimer. Aber rückwärtsgewandt will das Jubiläumsheft nicht sein. Dessen Motto „Zukunft der Kultur in Bayern“ sollte die Autorinnen und Autoren herausfordern. „Wir wollten keine Lobhudeleien“, betont Holzheimer im Gespräch. Und so versammelt sich eine vielfältige Truppe im Blatt: von Ulrike Draesner bis Polt, von Franz Xaver Kroetz bis Fridolin Schley, von Luise Kinseher bis Katja Wildermuth (BR-Intendantin), von Graphicnovelistin Barbara Yelin bis Pierre Jarawan.
Dass bayerische Künstlerinnen und Künstler seit Jahrhunderten mindestens genauso vielfältige Wurzeln haben, ist für Holzheimer ganz selbstverständlich. Deswegen freut er sich über Bayern mit italienischen, türkischen oder kroatischen Bezügen, die im Magazin veröffentlichen wollen. „Zum Glück haben wir ein gutes Redaktionsteam.“ Dadurch kämen umfangreiche Kontakte zustande. Er selbst habe einen guten Draht zu Kabarettistinnen, Institutionen wie LMU, Monacensia und Staatsbibliothek und manchen bildenden Künstlern. „Anders wäre ,Literatur in Bayern‘ gar nicht machbar.“ Und so finden sich Fotos aus dem Atelier von Rupprecht Geiger (1908-2009), Aquarelle von Rudi Hurzlmeier, Skulpturen von Andreas Kuhnlein und andere Überraschungen in Nummer 150.
Auf die Frage nach dem Wandel der Zeitschrift zögert der Herausgeber. Beschreibt erst mal die Kontinuität. Nein, zu konservativ sei sie nie gewesen. Aber gerade dabei wird deutlich, dass es über die Jahrzehnte einen steten Wandel – auch in der Optik – des Blattes gab. Gerd Holzheimer, der ein genießerisches und wissenschaftliches Interesse am Gehen, Wandern und Wandeln hat, freut sich über das Wort „Wandel“. Es sei ungebräuchlich geworden und doch schön. Möge also der Wandel des Magazins, der Literatur und Bayerns weitergehen.
Gerd Holzheimer (Hrsg.):
„Literatur in Bayern. Nr. 150: Zukunft der Kultur in Bayern“. Allitera Verlag, München, 78 Seiten; 9 Euro.
Das Magazin kämpft ständig ums Überleben
Hans Maier schrieb das Geleitwort 1985 und nun auch heute