Einfach springen

von Redaktion

NEUERSCHEINUNG Pinks Album „Trustfall“

VON KATJA KRAFT

Jetzt einfach mal fallen lassen. Und darauf vertrauen, dass da jemand ist, der einen auffängt. „Trustfall“ heißt das auf Englisch. Und „Trustfall“ heißt das neue Album von Pink, die seit mehr als 20 Jahren so etwas wie die Pop-Mama mit weit ausgebreiteten Armen für alle ist, die springen wollen, aber sich nicht trauen. Eine oberlässige Pop-Mama, versteht sich. Für die man sich nicht schämt, wenn sie am Fünfmeterbrett des Lebens Motivationshymnen wie „F**kin’ perfect“ oder „Just like Fire“ anstimmt – sondern mit einem Mal einfach springt. Hilft ja nix. Wie soll man sonst erfahren, wie leicht und frei es sich anfühlt zu schwimmen?

Heute erscheint „Trustfall“. Und ist genau das, was die Fans sich wünschen: eine Mischung aus rotzfrechem Rock-Pop, anrührenden Balladen und Frustbewältigung. Eben die ganze Palette der Gefühle. „Für mich ist das Leben ein Auf und Ab. Und ich wollte, dass das Album eine komplette emotionale Reise ist“, sagt die 43-jährige US-Amerikanerin selbst über ihr neues Werk.

Ist ihr gelungen. Bewusst wechselt sie ständig ab zwischen Melancholie und Partysound. Startet mit der nachdenklichen Piano-Nummer „When I get there“. In der sie sich – typisch Pink – fragt, ob es da, wo all die sind, die bereits sterben mussten, wohl eine Bar gibt. Kopfkino an: Da sitzen sie jetzt alle am Tresen, plaudern bei einem Drink übers Wetter – und halten schon mal einen Platz frei für die, die noch kommen werden.

Bei aller Trauer über Verluste klingt da Hoffnung durch. Auf ein Wiedersehen. Das mit einer wie Pink ziemlich lustig werden könnte.

Vor eineinhalb Jahren starb der Vater der Sängerin, die mit bürgerlichem Namen Alecia Moore heißt, an Krebs, und kurz darauf die Nanny ihrer Kinder. Musik war schon immer Moores Art, mit dem Leben fertig zu werden. Mit Niederlagen, Exzessen, Zweifeln. Dauerthema: Liebesdramen. Seit mehr als 20 Jahren ist sie mit dem Vater ihres Sohnes und ihrer Tochter, Ex-Motorrad-Profi Carey Hart, zusammen, seit 17 Jahren sind sie verheiratet. Auf „Trustfall“ widmet sie ihm wieder zwei etwas andere Liebeslieder. „Hate me“ klingt wie ein Lied gewordener Streit zwischen zweien, die sich schon sehr lange sehr gut kennen. Die alle Schimpfwörter aneinander ausprobiert haben. Und doch nicht voneinander lassen. In der bemerkenswerten Amazon-Prime-Dokumentation „Pink: All I know so far“ hat man sehr hübsch sehen können, wie Alecia und Carey miteinander ringen. Und wie sie als Team Mama und Papa gelingen. Im gedämpften „Lost Cause“ hinterfragt Pink selbstkritisch, welchen Anteil sie selbst daran hat, dass in ihrer Ehe nicht immer alles rundläuft.

Das ist, was sie einfach drauf hat, die Frau mit den kurzen Haaren: ihren Hörern das Gefühl zu geben, echte Einblicke in ihr Seelenleben zu geben. Und damit die Gewissheit, dass das, was im eigenen Seelenleben so passiert, völlig normal ist. Die dreifache Grammy-Gewinnerin liefert verlässlich Musik, die motiviert (Laufschuhe an und „Runaway“ auf die Ohren!), die zum Träumen anregt („Our Song“, „Kids in Love“ mit dem schwedischen Duo First Aid Kit), zu der man durch den Frühling tanzen will und wird („Never gonna not dance“) – und einfach Spaß macht. Wenn sie in „Last Call“ die trockene Frage einwirft: „Äh, Bartender?“ ist im Grunde alles gesagt. Gläser hoch auf das Leben. Mama fängt uns schon auf.

Pink:

„Trustfall“ (Sony). Am 5. und 6. Juli kommt Pink in die Münchner Olympiahalle. Tickets an allen bekannten Vorverkaufsstellen.

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