Ein bäriger Abend

von Redaktion

Berlinale endet mit Preisverleihung, bei der eine Achtjährige für Furore sorgt

VON G. ROTH, S. SULLIVAN, P. CLAUS, L. FORSTER, J. KILIAN

Silberner Bär statt Gummibärchen: Mit gerade einmal acht Jahren hat das spanische Mädchen Sofía Otero bei der 73. Berlinale die Auszeichnung für die beste schauspielerische Leistung in einer Hauptrolle gewonnen. Damit ist sie die jüngste Preisträgerin der Festivalgeschichte. Als ihr Name am Samstagabend bei der Verleihung der Bären zum Abschluss des Filmfests vorgelesen wurde, schlug sie sich die Hände vors Gesicht. Ihr Vater drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. Auf der Bühne bedankte sich Otero unter Tränen etwa beim Filmteam und bei ihrer Familie – angefangen bei ihren Eltern bis hin zu ihren Tanten und Onkeln. Im spanischen „20 000 especies de abejas“ („20 000 Species of Bees“) spielt die Achtjährige ein Kind, das auf der Suche nach seiner geschlechtlichen Identität ist. Deutsche Filmfreunde müssen sich gedulden, Sofía Oteros preiswürdiges Spiel zu sehen – der Starttermin ist noch nicht bekannt.

Auch der französische Regisseur Nicolas Philibert hat Grund zur Freude: Den Goldenen Bären vergab die Jury unter ihrer diesjährigen Präsidentin Kristen Stewart an seinen Dokumentarfilm „Sur l’Adamant“. Das Adamant ist eine Tagesklinik für Menschen mit psychischen Problemen, ein ehemaliges Frachtschiff, das auf der Seine mitten in Paris angedockt ist. Philibert hat das Boot 2021 besucht und die Therapeuten und Patienten porträtiert, ihre Rituale und Sitzungen beobachtet. Wie in allen seinen Filmen tritt Philibert vorurteilsfrei an seine Protagonisten heran – zu Beginn ist es schwierig zu erkennen, wer zu welcher Gruppe gehört. Auch hier steht noch kein Kino-Starttermin fest.

Auf den ersten Blick sahen die 19 Filme des Wettbewerbs 2023 erstaunlich vielfältig aus, zwei Animationsfilme waren dabei, im heimischen Aufgebot von fünf Filmen präsentierte sich mit Christoph Hochhäuslers „Bis ans Ende der Nacht“ (Kinostart: 6. Juli) ein abgedrehter Polizeithriller. Und es gab zwei Komödien, ein Genre, das sonst nicht so recht in das Kunstfilm-Verständnis des künstlerischen Leiters Carlo Chatrian zu passen scheint. Zum einen „Blackberry“ (Start: unbekannt) des Kanadiers Matt Johnson, der von den Nerds erzählt, die das erste Smartphone der Welt bauten. Die zweite Komödie stammte von einem Regisseur, von dem man eine solche Leichtigkeit nicht erwartet hätte: Christian Petzold lässt in „Roter Himmel“ (Start: 20. April) einen misanthropen Schriftsteller (großartig: Thomas Schubert) an sich selbst scheitern, während an der Ostsee der Wald brennt. Petzold hätte man den Goldenen Bären gewünscht, immerhin hat er aber den Großen Preis der Jury gewonnen.

Und noch mehr schöne Nachrichten: Die Berliner (und nicht nur die!) lieben ihre Berlinale – mit 270 000 Besuchern zur Wochenmitte war das Vor-Pandemie-Niveau wieder erreicht. Dafür werden Filme gemacht.

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