Traumatisierter Soldat

von Redaktion

David Baldaccis Thriller „Finstere Lügen“

VON AMALIA KÖPPEL

6.20 Uhr. So früh pendelt Travis Devine Tag für Tag in das Herz der Finanzwelt. Mehr zur Selbstbestrafung als zum Spaß gibt sich der ehemalige Soldat der zermürbenden Beschäftigung in einem der wichtigsten New Yorker Finanzhäuser hin. Doch dann wird er in einen Mordfall verwickelt, der ihn schon bald in die „Finsteren Lügen“ des renommierten Unternehmens hineinzieht.

In seinem gleichnamigen Thriller lässt David Baldacci den vielschichtigen Protagonisten in einer Verschwörung in höchsten Finanzkreisen ermitteln. Kommt es zu bewaffneten Handgreiflichkeiten, zeigt sich Devine körperlich und taktisch von seiner fittesten Seite, womit er sich eigentlich perfekt für diese Mission eignet. Dennoch quält sich dieser Supersoldat von Anfang an mit Gewissensbissen und Komplexen, die mit seiner Vergangenheit zu tun haben.

Die konstante Vernachlässigung, die er in seinem Elternhaus erleben musste, macht ihm ebenso zu schaffen wie die Verwicklung in einen Mordfall während seiner Zeit in der Army. Diese Vorgeschichte verleiht dem kampferprobten jungen Mann ein fast schon tragisches Profil. Doch auch die Ermordung seiner jungen Kollegin bringt Devine aus der Ruhe.

Lange ist unklar, ob dieser Mord mit den schmierigen Geschäften seiner Vorgesetzten zusammenhängt. „Worum es hier geht, übersteigt Ihre kühnsten Träume“, erklärt einer seiner Gegner fast schon wie im Klischee. Als die Leichen sich stapeln und sogar seine sympathischen Mitbewohner zu Verdächtigen werden, muss sich Devine mit der Aufklärung der intransparenten Machenschaften seiner Bosse beeilen.

Bis zum Ende schürt Baldacci die Spannung und lässt auf den letzten Seiten noch eine große Bombe platzen. Dabei bringt er genug Wirtschafts- und IT-Insiderwissen in den Text ein, um dem Leser Abläufe der komplizierten Finanzwelt näherzubringen. Auch hochaktuelle Themen wie Gendergleichheit, Homosexualität und die Suche nach sich selbst, die manchmal sogar den eigenen Eltern missfällt, spricht der US-Autor an. Daraus resultieren teilweise tiefgründige Dialoge, wobei der Fokus aber immer auf dem eigentlichen Kriminalfall liegt. Baldacci gruselt mit einer unterhaltsamen Lektüre, die man vor Spannung nicht mehr weglegen kann.

David Baldacci:

„Finstere Lügen“. Aus dem Englischen von Rainer Schumacher.

Bastei Lübbe Verlag, Köln 497 Seiten; 23 Euro.

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