Alles fließt

von Redaktion

AUSSTELLUNG In „Breaking the Surface“ im Werksviertel kann man wahrlich eintauchen

VON KATRIN BASARAN

Luft holen, Atem anhalten und rein ins kühle Wasser. Sofort erscheint die Welt da draußen seltsam gedämpft, ihr Lärm wird zum undeutlichen Rauschen. Man könnte nun auftauchen und kehrt zurück ins wilde, laute Leben. Oder man verweilt noch ein wenig. Macht die Augen auf, genießt die fremden Eindrücke, die Ruhe – so lange der Atem reicht. Alternativ könnte man aber auch in die neue Schau „Breaking the Surface“ im Werksviertel eintauchen und den Schleier zur Unterwasserwelt der Wunder lüften. In der whiteBox warten sieben interaktive Installationen des dänischen Ensembles Beetween Music auf ihre Entdeckung. Die fünf Klangkünstler aus dem Norden beeindruckten das Münchner Publikum bereits mit ihrer Unterwasserperformance „Aquasonic“ beim Festival Out of the Box. Das sind jene fantasievollen Kultur- und Kunstspiele, für die Chefin Martina Taubenberger schon ein Konzert mit einem am Kran schwebenden Piano organisierte. Nun hat sie erneut die Dänen eingeladen, welche ein neues Projekt, quasi eine sinnliche Ode an das Nass, mitgebracht haben.

Herzstück der Installationen ist die von Laila Skovmand komponierte Unterwassermusik: Die Musiker spielten und sangen sie vorab komplett im Nass ein. Dafür wurden besondere Instrumente verwendet, Forschungen zum Unterwasserhall berücksichtigt. Wer nun die schwere Tür und den dicken Vorhang am Eingang hinter sich lässt, betritt eine andere Welt. Mit Wasser gefüllte Glaszylinder hängen von der Decke, punktuell beleuchtet. Handtellergroße Lautsprecher tauchen in die Behälter ein und wieder auf. Sie transportieren Gesang, der an Sirenen erinnert – er lockt die Besucher an. Dazwischen ein Blubbern und gefiltertes Gezwitscher aus der „oberen Welt“ – so beruhigend, so entschleunigend.

Einen Raum weiter zeigt eine halbrunde LED-Installation mit Wasserbecken seltsame Wesen zwischen sich wiegenden algenartigen Pflanzen, eine Art Wassermann spielt auf der Geige, man lauscht über Kopfhörer. Alles wirkt friedlich, bis ein Fischkadaver dem Betrachter die scharfen Zähne zeigt. Auch darum geht es hier: Neben aller Mystik und fremden Schönheit existieren Zerfall und Zerstörung, Leben und auch Tod – durchaus menschengemacht. Dass manche Sequenzen an Renaissance-Werke etwa von Hieronymus Bosch und Pieter Brueghel erinnern, ist gewollt, auch das Ei ist ein zentrales Element, eine Hommage an Salvador Dalí. Eine Arbeit weiter wabern Nebel übers Wasser, über welches man wandeln kann, um dann einen Blick in eine Röhre zu riskieren. Wunderbares wartet. In einer Anordnung alchemistischer Instrumente geht es um die Vereinigung von scheinbar Widersprüchlichem.

Jede Installation besteht aus einer Komposition und einer Filmsequenz, sämtlich gedreht im eiskalten Nuuk-Fjord. Natürlich will „Breaking the Surface“ zum Denken animieren. Über Räume, unser Verhältnis zu Wasser, dem kostbaren Nass. Man kann sich aber auch einfach treiben lassen, staunen, Ruhe finden. Alles fließt. Fühlen Sie selbst!

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