„Irgendjemand wartet immer“ heißt die Eigenproduktion im Münchner Hofspielhaus. Westernklassiker-Unwissenden sei verraten, dass es sich um ein Zitat aus „Spiel mir das Lied vom Tod“ handelt. Ein paar Reminiszenzen an den Kultfilm von Sergio Leone gibt es auch. Man kann sie in hübsch in Kostümen und Bühnenbild versteckten Details wie den Cowboystiefeln erkennen, in denen der anfangs ein bisschen großspurige Foto-Künstler Guido über die Loft-Bühne stolziert. An den Silberfransen, mit denen das Hemd von Lisa besetzt ist, die er täglich heimlich fotografiert und die ihn in seiner Wohnung überrascht und zur Rede stellt.
Vor allem aber wird auch in dieser zeitgemäß angelegten Komödie so scharf geschossen wie dereinst von Henry Fonda und Charles Bronson. Allerdings mit der Kamera. Die Opfer fühlen sich vergleichbar tief getroffen. Barbara Hordych und Erhard Dietl, die Autoren des Stücks, bringen eine vergleichbare Grundkonstellation zweimal, allerdings mit unterschiedlichen Prämissen, auf die Bühne. Im ersten Teil konfrontiert die unbemerkt abgelichtete Lisa den Fotografen Guido mit ihrer Wut über sein Stalking. Die Situation löst sich allerdings sehr anders auf als in der zweiten Geschichte, in der die verklemmte Fotografin Agnes im realen Leben dem Mann begegnet, den sie heimlich als Traummann-Vorlage für ihre Fotobücher nutzt.
Hordych und Dietl nehmen sich in ihrer leicht dahinfließenden Komödie ein komplexes Thema vor. Wie stark haben sich Paarbeziehungen seit der zunehmenden Digitalisierung verändert? Welche Auswirkungen hat Social Media auf die Psyche des Einzelnen und auf das Interesse an anderen? Was zählt mehr im Leben – das gemeinsame Erlebnis oder das gelungene Foto davon? Und wenn wir oft genug ein Fake-Foto angesehen haben – wird es nicht dadurch langsam wahr?
Alle diese Überlegungen verhandeln Leon Sandner und Ricarda Verena Wimmer in den zwei unterschiedlichen Paarkonstellationen mit viel Verve und spürbarem Herzblut. Unterstützt werden sie von Carina Bernrieder und dem überaus wandlungsfähigen, schillernden Dionysus Opoku, die alle Nebenfiguren übernehmen. Anfangs dauert es zwar, ehe die Dialoge an Substanz gewinnen und die Inszenierung von Livia Schoeler in Fahrt kommt. Dann aber mausert sich vor allem Leon Sander mit seinem facettenreichen, kraftvollen Spiel zum Star dieses höchst unterhaltsamen Abends.
Nächste Vorstellungen
am 1., 2., 15., 16. April;
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