Barock aus der Lavalampe

von Redaktion

PREMIERE Das Staatstheater Augsburg zeigt Henry Purcells „The Fairy Queen“

VON TOBIAS HELL

Very British kommt sie daher, die jüngste Opernpremiere des Staatstheaters Augsburg. Allein schon wegen der Vorlage, die von niemand Geringerem als Shakespeare stammt. Aber vor allem wegen dem, was Henry Purcell musikalisch dazu beisteuerte. Seine Semi-Opera „The Fairy Queen“ weiß zwar durchaus um die Konventionen des barocken Musiktheaters in Frankreich oder Italien. Doch spiegelt sich darin ebenso die Tradition der englischen Masque. Im Geiste dieser höfischen Maskenspiele verfügt das Opus neben dankbaren Arien und großen Chören über eine nicht unwesentliche Reihe von Tänzen, mit denen die aufs Notwendigste eingedampfte Handlung des „Sommernachtstraums“ zusätzliche Schauwerte bekommt.

Eine Aufgabe wie geschaffen für ein Dreispartenhaus. Wobei man in Augsburg klug beraten war, die Schauspielszenen weitgehend zu eliminieren und Ballettdirektor Ricardo Fernando die Gesamtverantwortung zu übertragen. Seine Tänzerinnen und Tänzer sind die Säulen des kurzweiligen Abends und liefern gerade in den zwischen Streetdance und Slapstick balancierenden Szenen der Handwerkertruppe immer wieder Anlass zum Schmunzeln.

Neben Gonçalo Martins da Silva, der beim Spiel im Spiel mit viel Selbstironie eine grazile Thisbe gibt, sticht hier besonders der Zettel von Afonso Pereira heraus, der in seiner Doppelrolle als Pyramus testosteronlastige Heldenklischees aufs Korn nimmt. Für Staunen im Publikum sorgt aber auch die Liebesszene mit Feenkönigin Titania, in der er seiner sonst eher im Belcanto beheimateten Kollegin Olena Sloia unterstützend zur Seite steht. Denn um bei all den artistischen Hebungen, die der Sopranistin fachfremd abverlangt werden, noch derart entspannt zu singen, braucht es tatsächlich grenzenloses Vertrauen in den Partner. Aufgeteilt ist dagegen die Rolle des Strippenziehers Puck, der mit seinem Liebeszauber allerlei Verwirrung stiftet. Während Cosmo Sancillo mit wilden Sprüngen über die Bühne fegt, darf sich Constantin Zimmermann als Alter Ego ganz darauf konzentrieren, seinen warm timbrierten Countertenor strömen zu lassen.

Etwas lockerer können es auch die beiden Liebespaare angehen, deren Seelenleben bestenfalls an der Oberfläche angekratzt wird. Doch die Handlung von Shakespeares Klassiker dürfte – heute wie damals – bekannt genug sein, um die kleinen Logiklöcher, die Purcell zu Gunsten der Unterhaltungswerte in Kauf nahm, im Geiste zu füllen. Zumal auch die musikalische Seite der Produktion überzeugt. Jihyun Cecilia Lee und Wiard Witholt entledigen sich ihrer Arien ähnlich souverän wie der kurzfristig eingesprungene Claudio Zazzaro. Den stärksten Eindruck des Vokal-Quartetts hinterlässt jedoch Ekaterina Aleksandrova, die der Helena mit dunkel loderndem Mezzo Profil verleiht und so zumindest eine der Figuren aus ihrem zweidimensionalen Dasein erlöst.

Den fast comichaften Eindruck verstärkt die knallbunte Bühne von Pascal Seibicke. Mit ihren kräftigen Farben lässt die wandelbare Szenerie an das London der Swinging Sixties denken und sieht ein bisschen so aus, als sei in den Proben eine Lavalampe explodiert – womit das Auge gut beschäftigt ist. Keineswegs vergessen werden soll darüber allerdings die Leistung von Generalmusikdirektor Domonkos Héja, der mit seinem Orchester einen historisch informierten Klang pflegt. Und dies stets auf Transparenz bedacht und mit viel Liebe zum Detail. So unter anderem beim auf die Bühne geholten Flötenduell, oder in den effektvollen Einwürfen der Trompeten, die sich glänzend in Szene setzen.

Weitere Vorstellungen

am 13. April, 2. Juni und 12. Juli;

Telefon 0821/324 49 00.

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