Ihn vorzustellen, ist „so sinnlos wie eine zweite Bavaria auf der Theresienwiese“, eröffnet der Schriftsteller Hans Pleschinski launig diesen Abend. Tatsächlich bedarf Franz Herzog von Bayern, Chef des Hauses Wittelsbach, keiner Vorstellung. 1918 ist die Monarchie in Bayern zusammengebrochen. Zeit seines Lebens bemühte sich der kluge, bescheiden auftretende Mann um größtmögliche Zurückhaltung. Trotzdem ist die Strahlkraft seines Namens noch so hoch, dass für die Vorstellung seiner Memoiren „Zuschauer in der ersten Reihe“ (C. H. Beck Verlag, München, 304 Seiten: 28 Euro) selbst der große Saal im Literaturhaus nicht ausreichte – und die Veranstaltung ob des enormen Interesses der Menschen in die Große Aula der Ludwig-Maximilians-Universität verlegt werden musste.
Nicht nur ein „facettenreiches Zeitzeugnis“ sei das Buch, lobte Pleschinski, sondern obendrein auch „sehr amüsant“. Tatsächlich wirken Herzog Franz und seine Co-Autorin, die renommierte Augsburger Geschichtsprofessorin Marita Krauss, sehr entspannt und vertraut miteinander. Locker plaudern die beiden mit Moderator Pleschinski über verschiedene Stationen dieses bewegten Lebens, das in unterschiedlichen Farben von hell bis dunkel leuchtet. Dunkel etwa in jenen Tagen, als die Wittelsbacher während Nazi-Zeit im Konzentrationslager interniert waren. Gleißend hell beispielsweise, als der junge Bayernspross 1961 erstmals nach New York reiste und wichtige Kontakte zur Kunst- und Kulturszene knüpfte.
„Ich habe dieses Buch nicht geschrieben. Ich bin keine Ghostwriterin“, betont Marita Krauss im Laufe des Abends. Ihre Aufgabe war lediglich, „aus den Worten des Herzogs ein Buch zu machen“. Das ist wunderbar gelungen: Der mit verschiedenen, aberwitzigsten Anekdoten gespickte Erinnerungsband liest sich flott und so kurzweilig, als ob man beim Herzog zum Tee säße und ihn von früher erzählen höre: von den ersten Jazz-Kneipen im München der Nachkriegszeit, von seiner besonderen Beziehung zum eigenen Großvater Kronprinz Rupprecht, von der Kindheit in Kreuth, der Schulzeit in Ettal und der Leidenschaft für Malerei und bildende Kunst. Von seiner Liebe zur Natur und zu seinem langjährigen Lebensgefährten Thomas Greinwald, der schließlich auch auf dem Podium in der Großen Aula sitzt. Endlich. Denn von dieser entspannten Normalität eines Zusammenlebens in der Öffentlichkeit war das Paar jahrzehntelang weit entfernt.
Das gemeinsame Glück ist deutlich zu spüren, als die beiden gereiften Männer da nebeneinander Platz nehmen. Und auch ihre Freude darüber, sich nach dem Outing des Herzogs im Kapitel „Privatheit“ nicht mehr verstellen zu müssen. „Es ist eine solche Erleichterung, dass diese Masken endlich fallen dürfen“, sagt Greinwald. „Ich habe vor dem Abend große Angst gehabt. Aber jetzt bin ich glücklich, nicht mehr Theater spielen zu müssen.“ Man kenne die Bilder und Filme von der Love Parade, von Menschen, die „exponiert leben“, die schrill und laut ihre Lebensweise nach außen tragen. „Das sind in meinen Augen Hilfeschreie“, meint Herzog Franz. „Das Leid dahinter macht man sich leider zu wenig bewusst.“ – „Aber glauben Sie mir, es gibt auch viele solche wie uns. Und das ist gut so“, fasst Thomas Greinwald in Anlehnung an den alten Wowereit-Satz lächelnd zusammen.