Drei Millionen Gänsehaut-Momente

von Redaktion

Elton John verabschiedet sich in der Olympiahalle angemessen pompös von seinen Münchner Fans

VON JÖRG HEINRICH

So schön. So traurig. So unvergesslich. Der große Sir Elton John, der 1976 Kiki Dee dringend gebeten hatte, ihm bloß nicht das Herz zu brechen („Don’t go breaking my Heart“) – er brach die Herzen in München gestern tausendfach. Denn in der standesgemäß ausverkauften Olympiahalle feierte der 76-Jährige mit gut 12 000 Verehrerinnen und Verehrern seinen funkensprühenden Abschied von München, von Bayern. „Ich möchte den Rest meines Lebens mit meiner Familie verbringen“, ließ der Rocket Man die Fans zum bevorstehenden Ende seiner „Farewell Yellow Brick Road“-Rücktritts-Tournee wissen. Und das war nur einer von rund drei Millionen Gänsehaut-Momenten.

Was sein Publikum erwarten darf, wird gleich zum Start klar. Da blickt Elton als diamantbesetzte Büste von der XXL-Leinwand auf die Fans. Mehr Glitzer und Glamour sind nicht vorstellbar. Und dabei bleibt es auch die nächsten zweieinhalb Stunden. Der Superstar, mit Funkelfrack und kräftig bei Stimme, startet mit „Bennie and the Jets“ und „Philadelphia Freedom“ durch. Der „Border Song“, den er Aretha Franklin widmet, zeigt danach mit Nelson Mandela, John und Yoko oder mit Bildungs-Aktistin Malala Yousafzai im Video, dass da nicht nur ein Musiker nach Hause geht. Hier endet über ein halbes Jahrhundert Zeitgeschichte. Spätestens jetzt wird die Gänsehaut für den Rest des Abends chronisch.

Eltons Nostalgie-Jukebox voller „Sad Songs“, die doch so bittersüß sind, klingt auch dank seiner getreuen Band phänomenal. Egal, ob der turbulente „Crocodile Rock“, der episch ausgedehnte „Rocket Man“ oder das Marilyn-Gedenken „Candle in the Wind“, bei dem er mit dem Klavier die Bühne abfährt – Elton muss sich nach fast jedem Song verbeugen. Er wird gefeiert wie Charles III. demnächst bei seiner Krönung. Der König des Pop und des Pomp hält Hof. Kein Wunder, dass Elton I. sich bei „I’m still standing“ auf der Leinwand in Ludwig XIV. verwandelt.

Am 8. Juli endet das „Farewell“ nach fünf Jahren als erfolgreichste Tour der Pop-Geschichte, die dann gut eine Milliarde Dollar eingespielt hat. In München ist jetzt schon Schluss. Als es ans Abschiednehmen geht, mit den Zugaben „Cold Heart“ (mit Dua Lipa im Video-Duett), „Your Song“ (seufz, soooo schön) und der „Yellow Brick Road“, fährt Elton, der alte Schelm, am Ende mit einem Treppenlift auf zu den Sternen. Doch 12 000 wünschen ihm, dass er hier unten noch viele tolle Jahre mit seiner Familie erleben darf. Danke Sir, das war wunderbar.

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