Uschi Obermaier könnte sich in ihrem Farmhaus bequem zurücklehnen und ihr Leben in Portugal genießen. Nach mehr als 30 Jahren in Kalifornien wagte die Münchnerin im November 2019 in einem Dorf nahe der Algarve-Küste den Neustart (wir berichteten). Von Obst- und Olivenbäumen umgeben, ohne Mann, aber nicht allein: Lulla zog mit, eine Mischung aus Schäferhund und Husky. Und kürzlich kam Struppi dazu, ein portugiesischer Podenco. „Früher war’s so, da sind mir die Männer zugelaufen, heute die Hunde!“, erzählt sie schmunzelnd im Videoanruf.
Uschi Obermaier spricht über ein neues Herzensprojekt, das sie nun im Alter von 76 Jahren anpackt – einen Dokumentarfilm über ihr Leben. „Zum ersten Mal wird das eine Produktion sein, an der ich ganz beteiligt bin“, betont sie. Sie wolle sich nicht reinreden lassen. „Ich möchte, dass nicht die anderen immer über mich schreiben.“
Mit an Bord sind Saskia Middelburg als Produzentin sowie Olaf Kraemer als Autor und Regisseur. Ihn kennt sie seit den Neunzigern, als sie ihm über Monate hinweg ihr Leben erzählt hat – für die 2007 erschienene Biografie „High Times: Mein wildes Leben“, die auch fürs Kino verfilmt wurde. Vielen Kritikern war das Werk mit Natalia Avelon in der Hauptrolle zu bieder. Obermaier stimmt zu. „Sie haben damals beim Dreh viel weggelassen und haben versucht, allen gerecht zu werden. Aber dann klappt es nicht, es wird nur verwässert. Mein Leben war viel mehr als Sex und die Sechzigerjahre.“
Obermaiers Leben machte Schlagzeilen. In den Sechzigern schmiss sie den Job als Fotoretuscheurin hin, tourte durch Clubs und wurde als Fotomodell entdeckt. Sie verliebte sich in den Kommunarden Rainer Langhans. Im Sommer 1967 ging ein Nacktfoto aus der legendären Berliner Kommune 1 um die Welt. Die Münchnerin wurde zur Sex-Ikone, ließ sich auf Drogen und Rockstars wie Mick Jagger, Keith Richards und Jimi Hendrix ein. Zu ihren großen Lieben gehörte auch die Hamburger Kiez-Größe Dieter Bockhorn. 1973 lernten sie sich kennen, in einem Wohnmobil reisten sie durch die Welt – bis Bockhorn 1983 in Mexiko tödlich verunglückte.
Stoff für die Dokumentation gibt es also reichlich. Aus Obermaiers Privatarchiv und mit neu gedrehtem Material soll die noch titellose Produktion bebildert werden. Sie habe viel gesammelt, darunter Video und Super 8. „Auch meine Mama hat alles auf dem Speicher aufgehoben, meine Kinderfotos und Zeichnungen von mir. Das wird eine richtige Zeitreise“, verspricht Obermaier. Und welche Weggefährten kommen zu Wort? Langhans hat sie im vergangenen November in München getroffen, nach langer Funkstille. „Er freut sich, beim Film dabei zu sein. Rainer und die Kommune waren ja ein wichtiger Teil meines Lebens.“ Sie wolle aber auch über Beziehungen reden, über die sie sonst geschwiegen habe. „Das ist mein Leben, und darüber möchte ich sprechen, egal ob das allen passt oder nicht.“ Ob sich jemand wie Mick Jagger vor die Kamera setzen wird? „Die Stones, glaube ich, werden sich nicht dazu bereit erklären, obwohl… Ich sage nur obwohl, Punkt, Punkt, Punkt“, lacht Obermaier.
Es gehe ihr zudem darum, auf der Leinwand das zu vermitteln, was sie im Leben gelernt habe. „Wenn du nichts riskierst, dann passiert auch nichts Interessantes. Dann läufst du in der Schiene, wie es vielleicht deine Eltern taten. Ohne Risiko gibt es kein volles Leben“, sagt Obermaier. Das möchte sie jüngeren Menschen ans Herz legen. „Bitte glaubt an eure Träume, eure Vorstellungen, eure Wünsche. Lasst euch nicht Angst machen, sondern zieht es durch.“
Sie selbst schätze sich sehr „lucky“, in Portugal inmitten von schöner Natur zu leben und dort Freunde gefunden zu haben. Ohne die Sprache zu sprechen, habe sie den Sprung von den USA in das neue Leben gewagt. Und was macht ihr sonst noch Spaß? „Gut essen gehen, das ist mir sehr wichtig. Wenn ich schon keinen Sex habe, dann brauche ich sonst was Leckeres“, scherzt sie. „Und danach noch ein Pfeifchen.“