Wasser gibt es hier schon lang keines mehr. Und wenn, wie im Rhein mit den inzwischen gerupften Töchtern, suppen darin ölige Tanks. Die Welt, Wotans Ex-Reich, sieht aus wie die saudische Wüste – oder demnächst Südfrankreich. Am Ende des niederbayerischen Wagner-Großprojekts driftet alles in den Ökozid: Die Götter inklusive Menschen, Riesen und Zwerge sind in diesem „Ring des Nibelungen“ die unwiderruflich letzte Generation.
Zu sehen ist diese Dystopie auf den hervorragenden, fantasiereichen Videos von Florian Rödl. Weil mehr, abgesehen von rudimentären szenischen Elementen und Trockeneis-Nebel, geht nicht auf der Bühne des Landshuter Theaterzelts. Raumgreifendes Pathos dito. Auch diese „Götterdämmerung“, letzter Teil der Giga-Anstrengung an den drei Landestheater-Spielorten Landshut, Passau und Straubing, bleibt also Kompromiss. Und was in „Rheingold“, „Walküre“ und „Siegfried“ augenzwinkernde Wagner-Reduktion war, eine hintergründige Selbstinszenierung als David gegen die Opern-Supertanker, das schmeckt im Finale erstmals etwas schal.
Stefan Tilch, regieführender Intendant, bleibt sich als geradliniger Erzähler treu, schließlich muss mit diesem „Ring“ auch Basisarbeit für Erstseher geleistet werden. Und doch driftet manches ins stadelnde Volkstheater, einige Szenen sacken ganz weg. Apart immerhin der Einfall, Alberich (Oliver Weidinger) ständig als auch stummen Strippenzieher zu beschäftigen – Hagen, eine Umwertung, wird damit zum Papa-Söhnchen (Heeyun Choi). Das Walhall-Personal ist nur noch präsent als Statuen-Reihe im „Götter-Funpark“ (Bühne: Karlheinz Beer). Brünnhilde wird am Ende die von Papa Wotan über die Bühne schleifen und achtlos liegen lassen.
Die Wirklichkeit will kaum einer wahrhaben. Computerbrillen gaukeln saftiges Grün und fliegende Vögel vor. Und wenn sich zu den letzten Klängen ein zartes Videopflänzchen durch den Wüstenboden quält, denkt man: Gießen wird das keiner mehr.
Mächtig lässt Dirigent Basil H. E. Coleman nicht nur hier die Niederbayerische Philharmonie rauschen. Das Orchester imponiert (und überrascht) durch die Klangkultur. Und zeigt: Coleman hätte schon mehr als eine wackere Koordinationsarbeit herausholen können. Solistisch gibt es Bemerkenswertes, etwa Michael Heim als lockeren, konditionsstarken Siegfried, die fein dosierende, nimmermüde Yamina Maamar als Brünnhilde oder Judith Gennrichs rundum rollendeckende Waltraute. Respekt vor dieser enormen Anstrengung – auch wenn die „Götterdämmerung“ dem Landestheater deutliche Grenzen aufzeigt. Tilch fühlt sich erst so richtig warmgelaufen: „Tannhäuser“, „Lohengrin“ und, 2026 zu seinem Abschied, „Parsifal“ sollen folgen.
Informationen
und Tickets unter www.landestheater-niederbayern.de.