Es sind nicht die strahlenden, eher die verzweifelten Helden, die Jonas Kaufmann in seinem Arien-Abend am Mittwoch in der nahezu ausverkauften Isarphilharmonie aufmarschieren lässt. Schon zum Start erscheint mit Verdis „Celeste Aida“ der noch nicht vom Sieg Verwöhnte, sondern von selbigem träumende, auf ihn hoffende Radamès, den der Startenor mit feiner Phrasierung und kultivierter Mezzavoce ausstattet. Als Verdis Rodolfo aus „Luisa Miller“ verliert sich Kaufmann mit glaubhafter Empfindung in der Verzweiflung des von Luisa vermeintlich Betrogenen und wird dabei von der Klarinette sanft umwebt.
Begleitet wird der Münchner beim Heimspiel von der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz unter Jochen Rieder. Auch wenn die geteilten Geigen im „Aida“-Vorspiel noch etwas schütter wirken, steigert sich das Ensemble zunehmend bis hinein in die schwelgerischen Intermezzi aus Leoncavallos „Pagliacci“ und Mascagnis „Cavalleria rusticana“. Rieder achtet darauf, dass den kracherten Momenten die sensibel schattierten gleichberechtigt gegenüber stehen.
Kaufmanns Tenor springt gut an, wirkt ausgeruht, klettert leicht in die Höhe und kippt nie ins Gutturale. Bei guter Textbehandlung steigt er vorbehaltlos in die Gefühlswelt seiner Protagonisten, meidet outrierte Schluchzer und verwöhnt seine Zuhörerinnen und Zuhörer nur mit ein paar winzigen Verschleifungen. Natürlich freut sich das Publikum über die mit Bravour servierten Spitzentöne, die schließlich auch Verdis Otello nach seinem ausdrucksstarken, bitteren Klage-Monolog vergönnt sind. Bei „Pagliacci“ schlüpft der Tenor gleich in zwei Rollen: Als Tonio kündet er in Baritonlage höchst eindringlich von Spiel und Wirklichkeit auf dem Theater, bevor er als Canio in Tenor-Höhe die Verzweiflung des Betrogenen herausschleudert und das Publikum in helle Begeisterung versetzt.
Erst gegen Ende hin, bei Cileas Federico („L’Arlesiana“) melden sich kleine Ermüdungsanzeichen, die auch Turridu („Cavalleria rusticana“) zu spüren bekommt. Die Höhen erklimmt Kaufmann gleichwohl kraftvoll und dankt den enthusiastisch jubelnden Fans mit vier Zugaben. Blumen, Geschenke und Standing Ovations.