Mosi, Minetti und Maria Stuart

von Redaktion

Andreas Beck stellt die neue Saison am Bayerischen Staatsschauspiel vor

VON SIMONE DATTENBERGER

19 Premieren stellte Andreas Beck, Chef des Bayerischen Staatsschauspiels, gestern mit einem großen Teil seines künstlerischen Teams für die Spielstätten Residenz- und Cuvilliéstheater sowie Marstall vor. Nummer 20 der Saison 2023/2024 ist eher noch im Embryonalzustand; Ewald Palmetshofer schreibt derzeit. Nummer 19 ist ein geheimnisvolles Musikformat, über das wegen des Produktionspartners, ein Festival, nichts gesagt werden darf.

Dafür wird Nummer 18 alle, die beste Schauspielkunst zu schätzen wissen, jubeln lassen. Wir werden die in München verehrten Bühnenstars Cornelia Froboess und Manfred Zapatka in Thomas Bernhards „Minetti – Ein Porträt des Künstlers als alter Mann“ erleben dürfen. Claus Peymann, Bernhard-Intimus, hat seinen Widerstand aufgegeben und inszeniert. Aus einem „Nie wieder“ wurde: „Mit Zapi? Mach’ ich sofort!“, so Beck. Voraufführungen soll es im Sommer im Marstall geben; die Übernahme ins Resi ist für den Herbst geplant. Seine Spielplan-Pressekonferenz leitete der Staatsintendant dazu passend mit einem Bekenntnis zu seinem Publikum ein. Man wolle „die Hand ausstrecken, aber inhaltlich scharf bleiben“. Er folgt dabei dem seit der Antike bewährten Theaterkonzept des Unterhaltens und Belehrens. So stellt er zunächst das „Orestie“-Projekt des Teams heraus, das sich durch die Saison zieht. Elektra und Orest stehen im Mittelpunkt von Sartres „Die Fliegen“ (Premiere 7. Oktober; Regie: Elsa-Sophie Jach). Am 8. Dezember ist Aischylos’ Drama „Agamemnon“ zu erleben, das Ulrich Rasche zunächst für das Theater in Epidaurus gestaltet hatte. Für Rechtsstaatlichkeit sorgt schließlich „Athena“ beim Muttermörder Orest. Robert Borgmann modelt dafür Aischylos’ „Eumeniden“ um (24. Februar 2024).

Ein nordischer Klassiker, „Peer Gynt“ von Ibsen, kommt am 14. Oktober auf die Residenztheaterbühne; Regie führt Sebastian Baumgarten. Was radikal unmoralischer ist, schildert Goethes Vers-Satire „Reineke Fuchs“, die Schorsch Kamerun in ein Musical verwandelt (15. Oktober). Der unmoralischen Verstrickung des Staatsschauspiels in der NS-Zeit spürt Noam Brusilovsky in „Mitläufer“ nach (Uraufführung 9. November). Aus zahlreichen Bösewicht-Auftritten in bayerischen Volksstücken (Film, TV) heute noch bekannt sein dürfte der Name des damaligen Intendanten Alexander Golling. Die letzte Übernahme aus dem Theater Basel, Andreas Becks voriger Wirkungsstätte, ist „Andersens Erzählungen“, ein Musiktheaterstück von Jherek Bischoff, Jan Dvořák und Philipp Stölzl (18. November). Politik und Frauenleid, diesmal schrill: Witold Gombrowicz’ unglückliche „Yvonne, Prinzessin von Burgund“ wird zu Tode gemobbt (Regie: Ahmad Ali; 9. Dezember).

Die erste Romanadaption ist bereits Ende November zu erleben. Bastian Kraft widmet sich Thomas Manns „Buddenbrooks“. Noch im Winter kommt das nächste Weltliteratur-Kaliber. Katrin Henkel wird ihre Sicht auf Kafkas Werk „Das Schloss“ präsentieren (27. Januar 2024). Der dritte Streich erfolgt am 19. April mit Melvilles „Moby Dick“ (Regie: Stefan Pucher).

Im neuen Jahr stehen mehr und mehr Frauen im Zentrum. Einen feministischen Blick wirft Ewelina Marciniak auf Shakespeares Stück „Ein Wintermärchen“ (endlich mal bei uns auf der Bühne; 10. Februar). Mit „Prima Facie“ habe Suzie Miller ihren internationalen Durchbruch geschafft, sagt Nora Schlocker. Sie wird das Stück über sexuelle Übergriffe und das Rechtssystem in Szene setzen (1. März). In die tiefsten Tiefen eines Frauenlebens stieg Tove Ditlevsen in ihrer Kopenhagen-Trilogie hinab. Zweimal musste das Staatsschauspiel das Projekt verschieben; jetzt packt es Hausregisseurin Jach an (16. März). In Shaws „Pygmalion“ (als Musical „My fair Lady“) geht es nicht so hart zu. Amir Reza Koohestani und Mahin Sadri entwickeln „ihre“ Geschichte (21. März). Schillers „Maria Stuart“ markiert schließlich den Klassiker der Frauen-Power (17. Mai 2024; Regie: Nora Schlocker).

Der neue Hausregisseur Alexander Eisenach darf sich mit einem Auftragswerk an ihn selbst einführen: Die Revue „Mosi – The bavarian Dream“ soll das München der Achtziger und Neunziger spiegeln. Zugleich „den romantischen Geist im Leben von Rudolph Moshammer, diesem verhinderten Märchenprinzen“ (Uraufführung 27. April). Eisenach experimentiert außerdem im Marstall mit einem neuen Format „zwischen Party und Lesung“.

Ausgebaut werden die Angebote „Resi für alle“, „Resi digital“ und „Welt/Bühne“, welches vom 24. bis 30. Juni sein erstes Festival feiert.

Weitere Informationen

www.residenztheater.de.

Artikel 2 von 11