Morgen startet sie: die 18. Münchner Dance Biennale! Und nach überwundener Pandemie ist das elftägige Programm besonders dicht und abwechslungsreich. Deshalb luden Dance-Kuratorin Nina Hümpel und ihr Team zu einer zweiten Pressekonferenz in die Villa Stuck. Just dort, dies gleich vorweg, wird am 15. Mai Dominique Gonzalez-Foersters „Hypnogirl 23“ uraufgeführt. „Hypno“? Tatsächlich führte eine gewisse Magdeleine G. hierorts um 1904 – unter Hypnose! – ihre spektakulären Tänze auf. Diese werden nun wieder beschworen: als „holografische Illusion“, wie uns die Münchner Kunstexpertin und Choreografin Brygida Ochaim erklärt.
Eine weitere Uraufführung im hybriden Bereich zwischen „RealTime Motioncapturing und Live Tanzperformance“ titelt „Tracing the negative Space“. Wir übersetzen gekürzt: Angelika Meindl (seit den Achtzigerjahren experimentierfreudig als Tänzerin und Choreografin), Visual Artist Tobias Gremmler und Technik-Designer Thomas Mahnecke veranstalten eine futuristische Techno-Zauberei. Heißt konkret: Während Meindl tanzt, erscheinen ihre Bewegungen abstrahiert als energetische Echo-Linien auf den umgebenden Wänden.
In ähnlichem Experimentierfeld arbeitet Tobias Staab mit seiner Produktion „Trans Corporal Formation“, zu sehen im Deutschen Museum. Natürlich gibt es dieses künstlerische Mischen von Natur und Technik spätestens seit Beginn des 20. Jahrhunderts. Die Amerikanerin Loïe Fuller (1862-1928) hat ja bereits in ihren Serpentinentänzen bei ausgetüftelten Lichtspielen körperliche Bewegung und Technik gekoppelt (übrigens 1988 von Ochaim choreografisch nachempfunden). Aber Fakt ist dennoch: Die Corona-bedingte Verhinderung der Live-Performance hat merkbar zu neuen techno-choreografischen Formen inspiriert.
Aber keine Panik, Gelegenheit zum Luftschnappen gibt es auch. Für „Walking to Present“ der Amerikanerin Jody Oberfelder rät man sogar zu bequemem Schuhwerk. Denn sie verlockt zu einem tänzerisch-performativen Spaziergang auf dem Olympiaberg – mit ihrer Tanztruppe und neugierigen Dance-Besuchern. Aber Oberfelder, eine Allroundkünstlerin zwischen Tanz, Opernregie und Film, geht auch in die Stadt hinein. Als „Life Traveller“ samt altem Koffer entdeckt man sie vielleicht auf einer Brücke, wie sie Passanten anspricht. „Für mich gehören Tanz und das Leben im Alltag einfach zusammen“, sagt die zarte Frau, bei der wir den ungebrochenen Enthusiasmus für ihre Kunst heraushören.
„Zu Fuß“ ist man auch auch bei der Dance-History-Tour „Walks and Talks“ – von Thomas Betz und Brygida Ochaim mit wissenschaftlicher Expertise recherchiert und kuratiert. Wer die drei angebotenen Touren zu Bibliotheken und Museen mitmacht, bekommt so viel Wissensvermittlung über Tanz und Tänzerpersönlichkeiten wie sonst nur in einem ganzen Universitätssemester: nämlich von der Tanztheorie und Tanzerneuerung eines Rudolf von Laban und einer Mary Wigman bis zu den diversen Stilen des frühen 20. Jahrhunderts.
Das Bayerische Junior Ballett zeigt bei „Tour 1“ zum Königsplatz zum Beispiel Tänze (nachgestellt und einstudiert von Experten) welche die Bewegungskunst von Alexander Sacharoff, Clotilde von Derp und Isadora Duncan in Erinnerung rufen. Fazit bis jetzt: Dance 2023 bietet Tanz zum Anschauen, zum aktiven Erleben, zum Nachdenken und Diskutieren. Und: Bei vielen Programmen gilt: Eintritt frei!
Weitere Informationen
www.dance-muenchen.de.