Auf der jüngsten CD ging’s von der Renaissance zu Leonard Cohen. Nun genau in die andere Richtung: Auf „Walther von der Vogelweide“ lassen sich Joel Frederiksen und sein Ensemble Phoenix Munich (siehe Artikel Seite 16) zurückfallen an die frühesten Grenzen abendländischer Musik. Die Texte sind auf Mittelhochdeutsch; Frederiksen spielt nicht auf dem Stamminstrument Laute, sondern der Citole. Und die Musik ist aufgrund fehlender Überlieferung weitgehend kenntnisreich rekonstruiert, nachkomponiert, erahnt. Das hallt oft faszinierend fremd über den dunklen Abgrund der Zeit und ist voller Melancholie der Vergänglichkeit. Doch das Musizieren, die Stimmen Frederiksens und von Sopranistin Anne Azéma sind dezidiert, präsent. Und sie entdecken in den Liedern von hoher und niederer Minne, den Spruchgesängen, inmitten der Rätsel einer uns fast entschwundenen Kultur Momente von Heutigkeit, alltäglicher Menschlichkeit. wil