Neues Leben für die Alte Musik

von Redaktion

Joel Frederiksen feiert Jubiläum mit seinem Ensemble Phoenix Munich

VON THOMAS WILLMANN

Dass der Phönix Namensgeber wurde, war symbolisch. „Die Kraft, sich immer wieder zu erneuern“, sagt Joel Frederiksen. Es war vor 20 Jahren und er selbst gerade mal wieder dabei, sich neu zu erfinden. Aufgewachsen im US-Bundesstaat Minnesota, war sein ursprünglicher Traum, Singer-Songwriter zu werden. Doch ihn erwischte der Ruf der Alten Musik: „Das hat mich abgebremst, im positiven Sinne. Ich dachte: O Gott, das ist ein anderes Niveau! Und mich hat auch diese Melancholie angesteckt.“

Sein Idol war nicht mehr Bob Dylan, sondern Thomas Campion – ein echter Renaissance-Tausendsassa – Musiker, Arzt, Jurist, der fünf Bücher mit Lautenliedern veröffentlichte. Frederiksen ging nach New York, etablierte sich mit seiner profunden Bassstimme und als Lautenist: Stammgast bei renommierten Ensembles, eigene Konzertreihe in einer Kirche an der Park Avenue.

Doch um die Jahrtausendwende verschlug es ihn, der Liebe wegen, nach München. Neustart. Ihm sei die Stadt sehr sauber und ein bisserl kleiner vorgekommen, lacht er. Aber auch „eine unglaublich kultivierte Stadt, eine Weltstadt für Musik“. Freilich: „Ein hartes Pflaster für Alte Musik.“

Frederiksen ergriff die Initiative, im Jahr 2003 erschien die erste CD, „Orpheus, I am“, auf eigene Faust aufgenommen. „Ich wollte eine Art Visitenkarte haben.“ Und dazu eben die Taufe zum Ensemble Phoenix Munich (EPM). Dessen einzige Konstante Frederiksen selbst ist, der je nach Repertoire musikalische Mistreitende hinzulädt.

Was stete Herausforderung bleibt. „In einer Zeit, in der alles gar nicht glatt lief, hab ich mich zusammengerissen – und ,The Elfin Knight‘ gemacht.“ Er kratzte irgendwie das Geld zusammen für den besten Tontechniker. Was sich auszahlte, denn der ´platzierte das Album beim Edel-Label harmonia mundi. Das war 2007, als das EPM auch seine Münchner Konzertreihe begann, mit von Frederiksen in kluger, unermüdlicher Arbeit kuratierten Programmen. Die hat ein Publikum gefunden, das dies musikalische Kleinod zu schätzen weiß. Das EPM brachte es zum Echo Klassik, die CD „A Day with Suzanne“ in die Charts.

Doch die Frage bleibt aktuell, die schon Walther von der Vogelweide stellte (siehe CD-Kurztipp auf Seite 15): „Sol ich bî sô rîcher kunst alsus verarmen?“ Wie kommt man, bei allem Reichtum der Kunst, wirtschaftlich über die Runden? Und in München fördert man öffentlich nur Neue Musik, selbst wenn Frederiksen aus der Staatsbibliothek einzigartige Manuskripte ausgräbt, deren Musik unerhörter wäre.

Zum Jubiläumskonzert am Sonntag erfüllen sich künstlerische Träume. Es ist der Abschluss des Zyklus mit den Lautenbüchern von Thomas Campion. Und auf der Bühne als Gast wieder Emma Kirkby. Frederiksen saß Ende der Achtziger als junger Lauten-Schüler in der Bronx, als er im Radio Duette von Kirkby mit dem Bass David Thomas hörte. Er war hin und weg, im Jahr 2010 lernte er die Grande Dame der Alten Musik dann im Krakauer Studio kennen – in ungünstigem Rahmen. Sie war nicht amüsiert, dass sie Zielinski-Motetten zum zweiten Mal aufnehmen musste, weil der erste Bassist sich als Fehlbesetzung erwies. Frederiksen machte es besser. „Irgendwann hab ich mich getraut zu fragen, ob sie in meiner Reihe auftreten würde.“

Kommende Saison soll sich noch ein Kreis schließen: Frederiksen bringt, quasi doch noch Singer-Songwriter, als Konzert und gedruckt sein erstes Buch mit eigenen Liedern heraus, 21 an der Zahl wie bei Campion. „Mindestens 25 sind angefangen, mal schauen…“

Konzert

am 14. Mai,15 Uhr, im Max-Joseph-Saal der Residenz; www.joelfrederiksen.com.

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