Schwelgerisch

von Redaktion

Die Streicher standen im Zentrum des 6. Akademiekonzertes

VON GABRIELE LUSTER

In der Fest-Saison seines 500-jährigen Bestehens gewährt das Bayerische Staatsorchester seinen einzelnen Instrumentengruppen die Chance zu glänzen: Im 6. Akademiekonzert am Montag im Nationaltheater waren die Streicher an der Reihe. In Ralph Vaughan Williams’ 1910 entstandener „Fantasie on a Theme by Thomas Tallis“ schwelgten sie in großer Formation. Unter Vladimir Jurowskis Leitung musizierten sie äußerst homogen und mit hoher Intensität. Das galt fürs Tutti wie für das an der Rückwand des Podiums aufgereihte Nonett oder das von Konzertmeister Markus Wolf angeführte Quartett.

In Schumanns Klavierkonzert ging es dann ums Miteinander des nunmehr mit Bläsern und Pauken „aufgerüsteten“ Orchesters und des Solisten Gerhard Oppitz. Von der ersten Klavier-Kaskade an bestimmte der vorwärtsdrängende Impuls das gemeinsame Tun, in dem Oppitz natürlich seine Akzente setzte und die Dichte der Kadenz auskostete. Das Klavier, das bei Schumann Partner des Orchesters ist, ließ sich im langsamen Satz auf den Dialog ein und stürzte sich nach spannender Überleitung ins rhythmisch vertrackte Finale, in dem Solist und Orchester noch einmal mit Bravour auftrumpften.

Nach der Pause folgte das Staatsorchester in ganz großer Besetzung seinem Chefdirigenten in Mahlersche Welten. Dessen Vierte mit dem „Wunderhorn“-Ausklang „vom himmlischen Leben“ nutzte Jurowski für eine durchaus individuelle Lesart. Mahlers Zerrissenheit, das Vielgestaltige, das sich schrill Überlagernde interessierte ihn, und er stellte es mit dem vorzüglich disponierten Staatsorchester aus. Wie bei einem vieltausendfachen Puzzle „sah“ der Zuhörer die Einzelteile und staunte, dass sie sich in dieser fast destruktiven Lesart zum Ganzen fügten.

Immerhin bot der dritte Satz wohltuende Ruhe und kantables Legato. Zuweilen bis fast zum Stillstand, aber nicht ohne „Störungen“. Im Schlusssatz schließlich betonte Jurowski wieder das Groteske, das Schrille, Gewaltsame, zu dem der zart-naive Gesang das Kinder-Paradies beschwor. Obwohl es an Textverständlichkeit haperte, bestätigte Louise Alder mit silbrigem Sopranklang genau diesen Kontrast.

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