Es ist Mittwoch, 18 Uhr. Die Rammstein-Fans strömen in Scharen durch den Olympiapark. Manche bereits reichlich alkoholisiert, doch alle friedlich. Viele tragen ein schwarzes Shirt, oft mit der Rammstein-Marke. Dann wird es von der Seite laut, wo sich Frauen und Männer mit Plakaten positioniert haben: Eine greift zum Megafon und beginnt zu rufen: „Gewalt gegen Frauen ist kein Einzelfall, Sexismus bekämpfen – überall!“ Es sind rund 60 Mitstreiterinnen und Mitstreiter, die in diesen und andere Sprechchöre einfallen. Sie sind einem Aufruf von Münchner Frauenrechtlerinnen gefolgt, der zur Solidaritätsdemonstration mit Opfern sexueller Gewalt eingeladen hatte.
Anlass sind die Vorwürfe wegen sexueller Nötigung sehr junger Rammstein-Fans gegen Frontmann Till Lindemann . Von Sprüchen, teils deutlich unter der Gürtellinie, lassen sich die Aktivistinnen nicht einschüchtern, sie stellen sich den Beleidigungen vor allem bierseliger Männer entgegen: „Wir schützen keine Täter, wir glauben den Opfern.“ Die Polizei verhindert, dass die Konfrontationen eskalieren.
Nein, man kommt an diesem ersten von vier Rammstein-Konzerten in München nicht an den Schlagzeilen der vergangenen Tage vorbei. Katharina, 32, aus Starnberg, sagt: „Ich weiß nicht, welcher Seite man glauben soll. Beides scheint möglich: dass die Anschuldigungen wahr sind, ebenso wie das Gegenteil. Andererseits denke ich, Till Lindemann müsste doch niemanden unter Drogen setzen, um Spaß zu haben. Persönlich habe ich keine Angst, dass mir so etwas passiert. Und im Moment dürfte es ohnehin sicherer sein als sonst. Lindemann steht unter Beobachtung. Aber ich gehe auf das Konzert ja ohnehin wegen der Musik.“
Eva aus München ist mit Mathilda aus Pfarrkirchen und Willi aus München gekommen. Sie sagt: „Es ist mein viertes Konzert – und ich fand Rammstein bisher immer lustig, ja, ich nehme die nicht so ernst. Was Till Lindemann anbelangt, weiß man doch, dass der nicht im Kirchenchor singt. Übrigens gilt noch immer: So lange es keine Beweise gibt, haben wir keine Bedenken, aufs Konzert zu gehen.“
Aus Sterzing in Südtirol sind Ivan (18) und Jonas (16) mit dessen Mama angereist. Die Burschen sagen: „Wir sind wegen der Band hier. Den Behauptungen müssen Beweise folgen. Rammstein, das ist für uns einfach gute Musik, Leidenschaft – Feuer frei!“ KATRIN BASARAN