Hip-Hop aus der Heimat

von Redaktion

INTERVIEW Die Bairisch-Rapper von Dicht & Ergreifend starten ihre Album-Tour

Das erste Album seit fünf Jahren! Die Muffathalle in München – voll! Und die Bairisch-Rapper von Dicht & Ergreifend stolz auf die beste Platte, die sie bislang gemacht haben. Das wird ein Spektakel. Wir haben mit Fabian Frischmann (Lef Dutti) und Mike Huber (George Urkwell), die vor der großen Show daheim bei ihren Familien in Niederbayern Kraft tanken, über ihr drittes Album und das erste Konzert der Tour am morgigen Samstag gesprochen.

Sie gehen morgen mit einem Album voller neuer Songs auf die Bühne. Nervös?

Lef Dutti: Schon nervöser als wenn man am Ende einer Tour steht und das Album 30 Mal gespielt hat. Es kommt ja erst heute raus, die Möglichkeiten, dass unsere Fans die Songs schon pumpen können, sind begrenzt. Aber wir haben vorher schon kleinere Konzerte mit ein paar neuen Songs gespielt und gemerkt, dass die echt gut funktionieren.

Das bislang letzte Album war „Ghetto mi nix o“. Warum haben Sie fünf Jahre für die neue Platte „Es werde dicht“ gebraucht?

Lef Dutti: 2018 war das bislang letzte Album, wir haben 2019 durchgespielt. 2020 haben wir Pause gemacht und dann kam Corona. Da wollten wir nichts machen, weil bei uns Live-Auftritte schon sehr wichtig sind. Und so ist die Zeit vergangen. Fünf Jahre sind lang – dafür war die Freude jetzt umso größer. Bei den Fans, aber auch bei uns. George Urkwell: Das Schöne an den fünf Jahren ist, dass wir aus sehr vielen Songideen wählen konnten, bestimmt aus weit über 50. Daraus haben wir die besten zwölf umgesetzt. Das ist ohne Zweifel unser bestes Album.

Was ist der beste Song?

Lef Dutti: Für mich definitiv „Woashohe“, der funktioniert live einfach super. Wir haben die Songs vorher an Freunde rumgeschickt, da kam raus, dass es nicht den einen Hit gibt, sondern lauter Lieblingslieder. Urkwell: „Woashohe“ wird ein ziemlicher Banger, das ist was Neues, schießt in alle Richtungen und holt viele ab. Plumpe Aussagen sind die Essenz – und trotzdem ist der Song nicht plump.

„Viva la Vagina“ preist die Frau – ein passender Kommentar zur Rammstein-Debatte. Wie kommen Sie als Männer so nah ans Thema ran?

Urkwell: Über intensive Gespräche mit Frauen. Wir haben auch Freunde, die uns intellektuell beraten: Wo muss so ein Thema hingehen? Wo ist die Grenze? Von Genitalverstümmelung an Minderjährigen zum Beispiel haben wir im Song die Finger gelassen. Das war das dünnste Eis, auf dem wir je waren. Aber es funktioniert, der Song wird heiß diskutiert, gefällt aber auch vielen.

Ernste Themen, die Songs machen trotzdem Spaß. Wie geht das?

Lef Dutti: Wir haben uns mal den Satz auf die Fahnen geschrieben: Am Ende des Tages gewinnt immer der Humor. So kann man die Songs entspannt hören, obwohl es um pikante Themen geht.

Trotzdem ist das dritte Album Ihr politischstes. Bringen das die Zeiten mit sich? Oder sind Sie beide gereift?

Urkwell: Das stimmt, wir legen noch eine Schippe drauf. Aber auch in den alten Sachen steckt überall Politik drin. Sogar im „Zipfeschwinga“, der ja als Partysong daher kommt. Oder im „Bierfahrer-Beifahrer“: ein Franzose, der es echt nicht leicht hat in Bayern. Der einzige Song ohne jede Politik ist „Meier und Wimmer“ als lustige Suffg’schicht vom Dorf. Wir wollten im dritten Album einfach was Neues erzählen.

Zum Beispiel von der Apokalypse: In „Es werde dicht“ gibt es kein Bayern mehr, alles ist kaputt, Wüste. Haben Sie Angst vor dem Weltuntergang?

Lef Dutti: Das ist keine Adrenalin-Angst – die Angst ist eher schleichend. Urkwell: Geht mir auch so. Manchmal denke ich: Passt gut auf den Planeten auf! Aber dann denke ich: Der Mensch ist echt ein Scheusal, um uns ist es nicht schad.

Sie haben das Video in der Wüste gedreht…

Urkwell: Wir sind jeden Tag eineinhalb Stunden in die Sahara gefahren. Man denkt als versnobter Westeuropäer ja, man fährt da halt über Dünen. Von wegen. Wir sind natürlich stecken geblieben. Wir hatten ein Baby dabei, keinen Tropfen Wasser, es wurde immer heißer… Aber wir waren so gefangen in dem Plan, den geilsten Platz zum Drehen zu finden. Nach einer halben Stunde haben wir die Jeeps dann doch rausge-schoben.

Wen hätten Sie gerne im Publikum am Samstag?

Urkwell: Unsere Familien, Freunde, Fans. Leute, die friedlich, feierwütig und hell auf der Platte sind. Lef Dutti: Gerhard Polt. Wenn der sich einfach ein Ticket kauft und sich mitten ins Publikum stellt. Das wäre der Wahnsinn.

Das Gespräch führte Carina Zimniok.

Dicht & Ergreifend:

„Es werde dicht“

(Zipfe Adam Records).

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