Plötzlich kreischen über dem Musikzelt die Möwen. Und am Ufer des Olympiasees machen Galeeren aus aller Welt fest, die Gold und kostbare Spezereien nach München bringen. So hat sich das zumindest beim maritimen Höhepunkt des Tollwood 2023 angefühlt, beim Jubiläumskonzert von Santiano. Auch wenn den Münchnern der Gardasee näher ist als der Atlantik, feierten sie die singenden Seeleute, die mittlerweile seit zehn Jahren über die Weltmeere schippern.
Der Mix aus Freddy Quinn und Bon Jovi begeisterte die Fans auch unter den schwierigen „temperaturellen“ Umständen im heißen Tollwood-Zelt, so Bassist und Frontmann Björn Both. Eines der Highlights war der wuchtige Nordpol-Kracher „Wenn die Kälte kommt“, zu dem sogar Kunstschnee von der Decke rieselte. Da hat man fast ein bisserl gefröstelt. Eine coole Truppe, diese Nordlichter!
Wie immer banden Santiano ihren Zuhörern so manchen Seebären auf. Sie flunkerten wie die Rockversion von Käpt’n Blaubär – zum Beispiel über ihr Schiff, die stolze Santiano, mit sagenhaften 27 Masten. Oder über ihre Piratenabenteuer: „Alle, die mit uns auf Kaperfahrt fahren, müssen Männer mit Bärten sein.“
Das war unterhaltsam und obendrein sehr sympathisch, wenn Both, der Käpt’n Graubär, zum fleißigen Trinken im Tollwood-Sommer animierte: „Gebt Eurem Nachbarn was ab von der Flasche!“ Oder wenn er klarmachte, dass ihre „Lieder der Freiheit“ nichts mit Wutbürgern und dem „braunen Müffeln“ zu tun haben, das sich gerade in Deutschland unangenehm breitmacht. Mit Santiano geht man gern auf große Fahrt. Frei nach Freddy Quinn: Seemann, lass nicht das Träumen!