Spaß trifft Sozialkritik

von Redaktion

Nicola Bardola legt heute die erste Biografie der Sportfreunde Stiller vor

VON ANDREAS DASCHNER

„Applaus, Applaus“: Der Titel ist bezeichnend. Nicht nur heißt einer der größten Hits der Sportfreunde Stiller so. Ein wenig ist das auch der Tenor dieser Biografie. Denn Nicola Bardola hat Sänger und Gitarrist Peter Brugger, Schlagzeuger Florian Weber und Bassist Rüdiger Linhof bei seinen Recherchen als sympathisches Trio schätzen gelernt – was man seinem Buch durchaus anmerkt.

Dennoch: „Es ist kein Fanbuch“, betont der Autor, den wir vor dem Circus Krone treffen, der in der Konzert-Geschichte der Band eine wichtige Rolle spielt. Hier feierten die Sportfreunde Stiller nach eigenen Angaben bei der „Die gute Tour“-Tour ihre längste und vielleicht beste Show. Und hierher kehrten sie auch immer wieder zurück, als sie schon längst riesige Hallen füllten.

Bardola, der bereits Bücher über Beatles-Drummer Ringo Starr oder Freddie Mercurys Jahre in München geschrieben hat, lebt vor den Toren Münchens in Germering – dort, wo sich auch die Keimzelle der Sportfreunde befindet. Für seine Biografie sprach er aber nicht mit der Gruppe, er wollte sich ihr vielmehr mit Abstand nähern. „Das hilft, die Dinge klarer zu sehen, und gibt auch die Möglichkeit, Kritik zu äußern und unangenehmere Dinge anzusprechen.“

Und doch beginnt die Entstehung der ersten Sportis-Biografie als Fan-Geschichte. „Meine Tochter hat die Musik der Sportfreunde Stiller im Alter von 13 bis 17 Jahren rauf und runter gehört – und ich mit ihr“, erzählt Bardola. So habe er die Musik des Trios intensiv kennengelernt. Ob seine Tochter die Lieder immer noch hört, erzählt Bardola nicht. Wohl aber, dass nun er es war, der die Songs im Zuge seiner Recherchen rauf und runter hörte. „Meine Freundin konnte es kaum noch aushalten, deshalb habe ich mir Kopfhörer gekauft“, erzählt Bardola und lacht.

Warum er es ist, der sich als Erster an die Biografie der Band gewagt hat, darüber kann er nur spekulieren. Im Vorwort zitiert der Autor einen Musikkritiker: „Die Sportfreunde Stiller sind nicht rezensierbar. Je genauer man hinsieht, desto mehr zerfällt alles.“ Und in der Tat sei ihm bei der Recherche aufgefallen, „dass sehr viele kurze Beobachtungen von guten Journalisten zu den Sportfreunden Stiller existieren“, sagt Bardola. „Aber immer auf der Kurzstrecke“.

Die zitierte Einschätzung teilt Bardola indessen nicht. „Im Gegenteil: Je tiefer man einsteigt, desto spannender wird der Stiller-Kosmos“, ist der Biograf überzeugt – und kommt wieder auf die bereits erwähnten unangenehmeren Dinge zurück, denen er sich genähert habe. Denn Bardola erkennt bei dieser Band – allem stadionfüllendem Erfolg zum Trotz – ein Image-Problem. Und das sieht er ausgerechnet im größten Hit der Sportfreunde Stiller begründet: dem WM-Song „’54, ’74, ’90, 2006“. Laut Bardola Erfolg und zugleich Fluch für die Band.

Denn die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit als Gute-Laune-Fußball-Combo stehe nicht unbedingt im Einklang damit, welch ernsthafte Musiker Brugger, Weber und Linhof seien. Dabei könnten die Sportfreunde beides: Spaß verbreiten, aber auch Sozialkritik üben. Die Band bewege sich entspannt in diesem weit gesteckten Rahmen. „Das aufzudröseln, war mir beim Schreiben der Biografie wichtig.“.

Dazu sprach der Autor vor allem mit Zeitzeugen und Weggefährten der Sportfreunde Stiller. Ihren Anfang nahm die Band im Germeringer Jugendzentrum „Knast“ – der heutigen „Cordobar“ –, damals noch mit Andi Erhard am Bass. Diese Zeit kennt kaum einer so gut, wie „Cordobar“-Leiter Erwin Zißelsberger, der Bardola Rede und Antwort stand. Der wichtigste Zeitzeuge für die Münchner Jahre war indes der Autor und Musiker Michael Sailer, der den Sportis-Produzenten Marc Liebscher gut kennt. „Er erklärte mir sehr intelligent das Phänomen Sportfreunde Stiller“, sagt Bardola.

Zum Beispiel auch die Namenswahl. „Sportfreunde, das sind im Fußball Amateure, keine Profis.“ Und so blieben Brugger, Weber und Linhof – trotz aller großartiger musikalischer Entwicklung – immer ein wenig die sympathischen Amateure von nebenan. Greifbar für Jedermann. Bardola sagt: „Alleine deshalb ist der Name eine glückliche Wahl“.

Nicola Bardola:

„Applaus, Applaus: Sportfreunde Stiller“. Hannibal Verlag, Innsbruck, 216 Seiten; 25 Euro.

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