Als Konzerte noch ohne nervige Handy-Displays im Publikum besucht werden konnten, gründeten sich vor fast 30 Jahren Placebo. Eine gewisse Nostalgie steht deshalb schon vor Konzertbeginn auf dem Tollwood-Festival im Raum, weil auf den Leinwänden zu lesen ist: „Wir möchten euch im Namen von Placebo freundlich darum bitten, während des Konzertes nicht mit dem Smartphone zu filmen.“ Die Band möchte „frei von Ablenkung die Emotionen der Songs transportieren“.
Bereits im vergangenen Oktober gastierten Placebo in der Olympiahalle, um ihr Album „Never let me go“ vorzustellen. Die erste Studio-Produktion seit neun Jahren steht auch nun in der ersten Konzerthälfte im Mittelpunkt: mutig, zunächst auf jegliche Hits zu verzichten und stattdessen ausschließlich neueres Material zu spielen. Dies sorgt dafür, dass bei der Stimmung zu Beginn noch Luft nach oben ist.
Dass Placebo das Spiel mit der Nostalgie durchaus beherrschen, zeigt sich im zweiten Abschnitt. „Too many Friends“ als zwölfter Song weckt das Publikum auf und sorgt für erste Begeisterungsstürme. „For what it’s worth“ und „The bitter End“ folgen, und die Musikarena verwandelt sich Stück für Stück in eine tanzende Menschenmenge, was angesichts des Durchschnittsalters im Publikum zwischen 35 und 50 Jahren keine Selbstverständlichkeit ist. Ganz zum Schluss gibt es das langersehnte Cover von Kate Bushs „Running up that Hill“ zu hören – ein Song, der im Original dank der Netflix-Serie „Stranger Things“ 2022 wieder zum Welthit wurde. Auf ihren größten eigenen Erfolg verzichten Placebo an diesem Abend: „Every You, every me“ fehlt.
Verstohlen werden bei den Zugaben im Publikum doch die Handys gezückt, Verbot hin oder her. Schließlich dürften nach diesem Doppel Placebo nicht mehr so bald in München gastieren.