Ganz großes Kino

von Redaktion

Feierliche Eröffnung des 40. Filmfests München in der Isarphilharmonie

VON KATJA KRAFT

Warum man in Zeiten von Streamingdiensten, die einem jeden Tag eine Fülle von Filmangeboten machen, noch Festivals braucht? Genau deshalb: Da hast du dich am Freitagabend nur mühselig losgeeist vom heimischen Fernseher, gedanklich noch ganz zwischen Folge zwei und drei der neuen Netflix-Serie „Schlafende Hunde“, um zur Eröffnung des Filmfests München zu gehen. Und dann steht auf einmal Luka Zaric vor dir. Der nette Polizist der Serie. Also natürlich nicht wirklich Luka Zaric, der nette Polizist. Sondern Carlo Ljubek, der diese Figur als so sympathischen und sensiblen Typen zum Leben erweckt, dass man erst nach sehr vielen Serien-Minuten den Gedanken zulässt, dass dieser Luka Zaric vielleicht doch der Böse sein könnte in der Geschichte? Carlo Ljubek steht also vor einem am Roten Teppich in der Isarphilharmonie, nachdem er eben doch noch bei einem im Wohnzimmer zu Gast war, und man grinst ihm fröhlich zu, würde fast grüßen – man kennt sich schließlich. Dann fällt einem ein, dass dieses Kennen nicht so ganz auf Gegenseitigkeit beruht. Und bringt ihm gegenüber nur ein schwaches, viel zu amerikanisches-Girlie-verliebtes „Ich schaue gerade ,Schlafende Hunde‘ und finde diese Serie groß-ar-tig!“ heraus. Warum Filmfeste? Wegen Momenten wie diesem. In denen man die Macher der Zauberwerkstatt Film treffen kann. Und einmal mehr voller Freude feststellt: So ein Blick hinter die Kulissen lässt den Zauber nicht verschwinden, er lässt ihn nur noch stärker wirken.

Freitagabend, HP8: Von Veronica Ferres über Iris Berben, Felix Klare und Otti Fischer, Maximilian Brückner bis Maria Furtwängler – alle sind sie gekommen, um Geburtstag zu feiern. Wie berichtet, ist es das 40. Filmfest München. Und wie berichtet das letzte für Diana Iljine in der Rolle der Chefin.

Sollte sie angesichts des nahenden Abschieds melancholisch sein, dann lässt sie sich das an diesem feierlichen Eröffnungsabend nicht anmerken. Es scheint, als würde sie, die das Fest zwölf Jahre lang geleitet hat, das, was sie im Interview mit unserer Zeitung vorab verkündet hatte, tatsächlich in die Tat umsetzen können: jede Sekunde einfach noch einmal so richtig genießen, an diesem Abend in einem knallpinken Gute-Laune-Kleid.

Was das Schönste war in all den Jahren? „Die unerwartete Nähe zu Menschen des Filmgeschäfts aus aller Welt zu haben. Das war immer die Essenz des Festivals, nicht nur für mich, sondern auch für alle Besucher. Das ist, was es unterscheidet von einem normalen Kinoabend.“

Es folgt der Eröffnungsfilm, „The Persian Version“ von Maryam Keshavarz, die im Publikum sitzt und schon vor dem Film begeistert begrüßt wird. Danach gibt’s einen ebenso heftigen Applaus im voll besetzten Saal, fröhliches Beisammensein bei der anschließenden Party. Und dann heim durchs nächtliche München, das in Filmfesttagen noch ein bisschen leuchtender wirkt. Daheim angekommen: den Serienmarathon beenden. Voller Lust auf noch mehr Stoff in den kommenden zwei Wochen. Und so manche inspirierende Begegnung.

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