Warum sprudelt der Vulkan?

von Redaktion

Prominente finden im Literaturhaus München spannende Antworten

VON KATJA KRAFT

Es gibt Tage, da fühlt sich der eigene Kopf so gar nicht nach leuchtender Glühbirne an. Eher wie verfaulte Birne. An solchen Tagen gehen Menschen, die von Berufs wegen trotz Hitze aber bitteschön weiter Geistesblitze abfeuern sollen, am besten ins Literaturhaus München. Dort übersommert Hermann Vaskes Ausstellung „Why are you creative?“.

Deren Inhalt ist so simpel wie inspirierend: Seit 30 Jahren stellt Vaske all den Menschen, die er als Regisseur, Autor, Filmproduzent kennenlernt, die Frage, aus welcher Quelle deren Kreativität sprudelt. Eine Auswahl der vielfältigen Antworten gibt’s jetzt im Haus am Salvatorplatz. Von Prominenten wie Ephraim Kishon oder Boris Becker, Steven Spielberg oder Marina Abramović, Michel Houellebecq oder Vivienne Westwood notiert. Höchstpersönlich. Darin liegt neben den Antworten selbst der Reiz dieser Schau. Denn auch wenn es uns die Computerindustrie gern anders verkauft und manch Politiker bereits vom papierlosen Klassenzimmer fantasiert: In der Handschrift eines Menschen offenbart sich ein Teil seines Charakters.

Wählen wir Schreibschrift wie Schauspielerin Lilith Stangenberg, die auf einem DIN-A4-Zettel, der eigentlich viel mehr Platz bieten würde, in zurückhaltend kleinen Buchstaben auf die Frage „Warum bist du kreativ?“ notiert: „Um dem kurzen Leben einen Funken von Ewigkeit zu stehlen.“ Oder haut einer die (hintersinnige) Antwort übergroß heraus, mit rotem Filzer in Versalien: „YES!“ (Fotograf Oliviero Toscani). Raumgreifend auch Scooter-Sänger H.P. Baxxter, der die Buchstaben mit schwarzem Edding breitbeinig aufs Papier bringt: „Because I want to impress and I need success!“ (zu Deutsch: „Weil ich beeindrucken möchte und Erfolg brauche.“)

Manches ist fein säuberlich notiert, anderes wie nach drei Flaschen Wein hingekritzelt, vieles erst bei genauem Hinschauen leserlich. Warum also werden Menschen kreativ? Manche schlicht der Kohle wegen. Die Antwort von Nachtclubbesitzer Rolf Eden, vermutlich gänzlich ironiefrei: „Die hübschen jungen Damen, die Lust als Schauspieler Filme zu machen und die Lust viel Geld zu machen ohne arbeiten zu müssen.“ Andere aus Langeweile, viele aus dem Willen, etwas zum Besseren zu verändern. Wie Regisseur Antoine Fuqua: „Because I am ANGRY“, zweifach unterstrichen. Oder Schauspieler Karlheinz Böhm: „Aus Wut!“

Die meisten aber, das wird deutlich, aus einem inneren Drang heraus. Credo: Was raus muss, muss raus. (Günter Grass: „Weil ich muss!“) Oder wie es der Maler David Hockney notierte (übrigens in gar nicht Hockney-typischem Schwarz auf Weiß): „I need to be. I love Life.“

Und damit zurück zu der nicht immer so glühenden Birne auf dem eigenen Kopf: Warum, das überlegt man in dieser Ausstellung, ist man eigentlich selbst kreativ? Hübsch die Antwort von Sexualtherapeutin Dr. Ruth: „Aus Lust!“ Doch vermutlich ist es müßig, die Frage nach dem Ursprung überhaupt zu stellen. Und deshalb liegt die kreativste Antwort in einer Frage. Notiert von Udo Lindenberg: „Warum sprudelt der Vulkan?“

Bis 30. Juli

im Literaturhaus München, Salvatorplatz 1, Mo.– So. 11–18 Uhr. Auf dem Filmfest: Hermann Vaskes Film „Can Creativity save the World?“ läuft heute um 17 Uhr in der Hochschule für Fernsehen und Film (HFF) München. Tickets im Internet unter filmfest-muenchen.de.

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